Sopranistin Barbara Hannigan im Porträt

Im vergangenen Herbst ist die aus Kanada stammende Barbara Hannigan zur Opernsängerin des Jahres gekürt worden. Ausschlaggebend dafür war ihre überzeugende Darstellung in George Benjamins neuer Oper "Written on Skin". Hannigan war mit dieser umjubeltet Produktion letztes Jahr bei den Wiener Festwochen zu Gast.

Barbara Hannigan

(c) Elmar de Haas

Heute Abend tritt sie wieder in der Bundeshauptstadt auf und zwar gemeinsam mit dem Klangforum Wien in Fausto Romitellis Videooper "An index of metals". Der früh verstorbene, radikale Komponist aus Italien hat damit eine neue, spannende Form des Musiktheaters kreiert.

Kulturjournal, 30.01.2014

Barbara Hannigan hat Fausto Romitellis "An index of metals" vor rund zehn Jahren zum ersten Mal aufgeführt, also im Todesjahr des jung verstorbenen Mailänder Komponisten, der nur vierzig wurde und eine der prägenden Gestalten in der neuen italienischen Musikszene war. Hannigan nennt diese Videooper ironisch ihr "persönliches Rock-Star-Stück".

Dass Barbara Hannigan eine begnadete Performerin ist, hat sie immer wieder bewiesen, ihre Stimme überschreitet mühelose Grenzen und von manchen wird sie mit der Muse der modernen Musik Cathy Barbarian verglichen. Fausto Romitellis Stück vergleicht sie mit einem interessanten Bild: als würde Lulu in einer Bar singen. Mit der Lulu hatte Barbara Hannigan in der Brüsseler Oper La Monnaie einen überragenden Erfolg .In der Inszenierung von Krzysztof Warlikowski musste sie die ganze Zeit auf Spitzen tanzen oder stehen, eine enorme Anstrengung neben der so schwierigen Gesangspartie. Hannigan hatte zwar ein bisschen Tanzunterricht und ging dabei an ihre Grenze. Es schmerzte, aber es machte auch Spaß, sagt sie.

Barbara Hannigan geht immer einen Schritt weiter und in die Lulu muss man sich mit der ganzen Energie schmeißen, sagt sie. Dafür und für ihre Darstellungen in George Benjamins "Written on skin" wurde sie von der deutschen Zeitschrift "Opernwelt" zur Opernsängerin des Jahres gekürt. Barbara Hannigan findet es mutig, dass endlich auch einmal eine Sängerin ausgezeichnet wurde, die sich vor allem der zeitgenössischen Musik widmet, aber die knapp über 30-Jährige singt auch Mozartarien.

Wenn man Barbara Hannigan fragt, ob sie gern Grenzen auslote, bejaht sie das klar, für sie ist es selbstverständlich, immer weiter zu gehen. Demnächst wird sie die Marie singen in Bernd Alois Zimmermanns "Soldaten" an der Bayerischen Staatsoper, auch wieder eine große Herausforderung nicht nur gesanglich, denn es ist für sie schwierig, ein Opfer zu spielen, sie ist gewohnt jene zu spielen, die überleben. Barbara Hannigan hat ihren Unabhängigkeitsgeist vielleicht von ihrer Jugend in Kanada, wo sie am Land aufwuchs und nicht wusste, wer Mahler oder Zimmermann war. Das hat sie sich alles selbst erarbeitet und den Pioniergeist, den hat sie behalten.

Barbara Hannigan, die knapp über 30 ist, hat auch schon als Dirigentin debütiert. Das macht ihr viel Spaß und sie ist fast süchtig danach geworden. Und wenn Barbara Hannigan als Sängerin wie eine Dirigentin denkt und als Dirigentin wie eine Sängerin, dann ist vieles gewonnen und noch viel möglich.