Im Proberaum: Das Trojanische Pferd

Die Band "Das Trojanische Pferd" gehört seit Jahren zu den umtriebigsten Bands in der sogenannten Wiener Szene. Erst vor kurzem vertonten sie im Wiener Rabenhof Theater das Stück "Der Weltuntergang" von Jura Soyfer. Chanson-Punk - so bezeichnen sie selbst ihren Stil.

Die Band "Das Trojanische Pferd"

(c) Baldinger, ORF

Deutsche Texte, ein ausgelebter Hang zum Drama und zu schwelgenden Posen, dazu jede Menge Instrumente vom Cello bis zur E-Gitarre - so die Mischung, die Das Trojanische Pferd ausmacht. Textlich gibt es unverblümt direkte Wahrheiten von Sänger Hubert Weinheimer, der gemeinsam mit dem Instrumenten-Virtuosen Hans Wagner vor sieben Jahren die Band gründete, damals noch als spartanisches Duo. In den letzten Jahren wurde der Sound der Gruppe größer und so wuchs auch die Kapelle von zwei auf vier Mitglieder an.

Kulturjournal, 31.01.2014

Das Trojanische Pferd lässt sich nicht gern zäumen. Zwei Alben hat die Band um Hubert Weinheimer und Hans Wagner schon veröffentlicht. Worum es in ihrer Musik geht, bringt der Titel ihres zweiten Albums auf den Punkt: "Wut und Disziplin". Einmal galoppiert das Pferd stur und widerspenstig, dann trabt es wieder melodiös und sanft dahin. Ständig knistert und rumpelt es in dieser Musik. Inbrunst ist ein Schlüsselwort beim Trojanischen Pferd.

Seit einigen Wochen bastelt die Band an ihrem neuen Album. Zur Probe geht's mit dem Auto. Sänger Hubert Weinheimer kennt den Weg. Es führt hinaus aus dem Zentrum Wiens. Es geht in ein Stück Wiener Niemandsland - den Alberner Hafen, einem Flecken Stadt, um den man normalerweise einen großen Bogen macht. Vorbei am Tierkrematorium, an der Kläranlage und der Hafenkneipe. Dahinter alte Getreidespeicher, die mit Backsteinziegeln in den Himmel ragen und hin und wieder ein bulgarisches Frachtschiff, das sein Gut ablädt. Dass in dieser Umgebung kein glatter Pop entsteht, überrascht nicht. Pop - das ist immer auch formelhaft und gerade für das neue Album hat sich das Trojanische Pferd vorgenommen, gängige Arrangements über den Haufen zu werden.

Pünktlich zur Session

Alles nur nicht beliebig soll die Musik des Trojanischen Pferds sein. Es geht um klare Standpunkte und um Ansagen. Für 18.00 Uhr ist die Session angesetzt und der Rest der Band trifft auf die Minute pünktlich ein. René Mühlberger, Sänger und Gitarrist bei Velojet, und David Schweighart, der mit Hans Wagner auch bei Hans im Glück musiziert, sind bereit für die vierte Session diese Woche. Normalerweise dauert so ein Abend im Namen des Pferdes bis weit nach Mitternacht.

Draußen ist es längst dunkel und die schwarzen Vorhänge schirmen den Proberaum zusätzlich vom Hafengelände ab. Im Vorzimmer steht eine Couch und das Equipment von Tontechniker Patrick. Hier lauschen die vier den Aufnahmen der Vortage. Diskutiert wird bei einem Menü aus Zigaretten, Radler und Birnen. Hinter der Couch geht's durch eine Tür zum eigentlichen Arbeitsraum in ein kleines Studio. An das neue Album will die Band spielerisch herangehen - nicht nur das Publikum, sondern vor allem sich selbst will die Band überraschen.

Neues zum Ausprobieren

An diesem Abend steht ein seltenes Instrument im Mittelpunkt. Von einem Indien-Urlaub kehrte Rene Mühlberger mit diesem besonderen Stück Handgepäck zurück: Ein Harmonium, oder Missionarsorgel, fixer Bestandteil der indischen Musik, soll auf einem Stück des neuen Albums erklingen. Hans Wagner hält ein Ohr ganz dicht an das Instrument. Er spielt normalerweise alles von Cello über Bass, Klavier und Gitarre. Das Harmonium muss aber auch er erst kennenlernen. Er nähert sich singend an. Mit einer Hand bedient er den Blasebalg, während die andere die Melodie spielt. Er will den Klang der ausströmenden Luft für das Stück nutzen.

In seinen Texten sucht Weinheimer gern die Reibung mit der Welt und sich selbst. Es muss manchmal weh tun, damit es für Weinheimer passt. Von blumigen Lyrik-Wiesen hält er nichts. Lieber mitten hinein ins dornige Gestrüpp. Während die Band im Studio Bass, Schlagzeug und Keyboard einspielt, sitzt Hubert Weinheimer alleine auf der Couch vor dem Studio - eine ungewohnte Situation, denn normalerweise spielt auch er im Studio mit. Weinheimer fixiert das Mikro auf dem Tisch vor ihm, streckt die Arme aus und bringt seinen Oberkörper nach vorne.

Am Ende des Abends sinkt die Band ermattet in die Couch. Zwei, drei subversive Töne sind noch zu hören, aber so muss es wohl auch sein beim Trojanischen Pferd.