20 Journalisten als Terroristen angeklagt

Drei Jahre nach dem Sturz Mubaraks zählt internationale Kommission zum Schutz von Journalisten Ägypten, nach Syrien und dem Irak zum drittgefährlichsten Land der Welt. Fünf Journalisten kamen bei ihrer Arbeit dort letztes Jahr ums Leben. Immer wieder werden Kameraleute und Fotografen auf offener Straße verprügelt. 20 Journalisten wurden letzte Woche von der Staatsanwaltschaft der Unterstützung des Terrorismus bezichtigt.

Mittagsjournal, 6.2.2014

Stimmungsmache gegen Journalisten

"Finden sie jemanden der für mich übersetzt", ruft der australische Journalist Peter Greste des Fernsehsenders Al-Jazeera International bei seiner Verhaftung in einem Kairoer Hotelzimmer. Die Angst steht ihm im Gesicht geschrieben. Zu sehen ist das in einem Polizeivideo, dass im ägyptischen Fernsehen gezeigt wurde. Unterlegt mit dramatischer und bedrohlicher Musik werden Kameras, Mikrophone, Computer und andere Arbeitsgeräte im Hotelzimmer gezeigt, untertitelt mit "Die Mariott Zelle", nach dem Namen des Hotels in dem vor einem Monat zwei Journalisten von Jazeera International verhaftet wurden: Greste und der ägyptisch-kanadische Bürochef Muhammed Fahmy.

Das Wort Zelle, die Musik, alles soll sie in die Nähe von Terroristen rücken. So wird im ägyptischen Fernsehen gegen Journalisten Stimmung gemacht.

Terroranklagen häufen sich

Zusammen mit 18 anderen Al-Jazeera Kollegen sind die beiden Journalisten seit letzter Woche von der ägyptischen Staatanwaltschaft angeklagt, einer terroristischen Organisation anzugehören oder diese zu unterstützen.

Der Hintergrund dieser Beschuldigung: Die Muslimbruderschaft und deren Anhänger, wurden letzten Dezember in Ägypten zur terroristischen Organisation erklärt. Jeder Kontakt mit ihnen kann damit für Journalisten, ob Ägypter oder Ausländer potentiell zum Verhängnis werden. Das sei zwar nicht grundsätzlich verboten, wenn diese Kontakte aber zur Aufhetzung führten, sei dies strafbar, klärte das ägyptische Presseamt die ausländischen Journalisten auf. Soweit so unklar.

Gewalt nimmt zu

Doch die Gefahr von der Polizei verhaftet und von der Staatsanwaltschaft des Terrorismus bezichtigt zu werden, ist nicht das einzige Risiko, dem Journalisten derzeit im Nilland ausgesetzt sind. Das bekam ein Team der deutschen ARD vor zwei Wochen am eigenen Leib zu spüren.

Kurz nach einem Bombenattentat auf die Zentrale der Kairoer Polizei trafen die drei ARD Mitarbeiter am Anschlagsort ein, um zu filmen. Dort nahm sie eine regimefreundliche Menge in Empfang. Der Kameramann Martin Krüger erzählt, was dann geschehen ist: "Gleich nach dem Parken sind wir los und sind dann von diesen Anwohnern gestoppt worden, die waren so aufgebracht und fragten immer wieder: Seid ihr Al-Jazeera und wir: Nein, wir sind Deutsche, aber das hat sie nicht beeindruckt, die fingen gleich an, uns zu schlagen, Frauen, Männer, junge Frauen, alte Frauen, wirklich alle haben auf uns eingeschlagen. Das war echt eng. Ich konnte mich noch schützen und versuchen wegzulaufen, aber irgendwann waren so viele Leute um mich herum, es waren hunderte, die versucht haben, mich zu Fall zu bringen. Nachdem sie das nicht geschafft haben, wollten sie mich auf die andere Straßenseite in so ein Kellerloch zerren – das war deren Idee, mir wirklich den Garaus zu machen."

Ein Zivilpolizist schoss am Ende in die Luft und konnte schlimmeres verhindern.

Hetze ägyptischer Medien

Der Grund für die aufgebrachte Menge: Seit Monaten hetzen ägyptische Medien gegen ausländische Journalisten, weil diese nicht bedingungslos der ägyptischen Linie vom guten Militär-Putsch und dem Kampf gegen Terror folgen.

Nicht nur ausländische Journalisten haben Probleme, erzählt Khaled Sirgani vom ägyptischen Journalistenverband: "Es gab den Vorschlag des Verbandes gut sichtbare Ansteckschilder für ägyptische Journalisten einzuführen, um diese beispielsweise von Demonstranten zu unterscheiden. Dagegen haben die Reporter selbst protestiert. Sie fürchten, dann erst recht zur Zielscheibe zu werden."

Die internationale Organisation Reporter ohne Grenzen spricht inzwischen im Falle Ägyptens von einer systematische Kampagne zur Dämonisierung und Verfolgung von kritischen Journalisten. Sie fordert die sofortige Freilassung der inhaftierten Medienleute. Es gibt einen Grundsatz. "Wo Journalisten selbst zu 'Story' werden, ist es um das Land meist nicht gut bestellt." Danach läuft wohl einiges schief in Ägypten, wo kritische Berichterstattung derzeit ganz schnell zum Verbrechen werden kann.