Pressefoyer: Flucht vor unangenehmen Fragen?

Vom Medienkanzler Bruno Kreisky erfunden, in vielen Koalitionsregierungen nach ihm immer wieder heiß umstritten, von der aktuellen Regierung de facto abgeschafft: das Pressefoyer nach dem wöchentlichen Ministerrat. Was auf den ersten Blick als Inszenierung und belanglos abgetan werden könnte, hat auch einen demokratiepolitischen Aspekt: Versucht da eine Regierungsspitze, sich unangenehmen Fragen zu entziehen?

Morgenjournal, 12.2..2014

"Neues Regieren"

Dienstag ist Ministerratstag, und dieser Dienstag war auch noch Gedenktag - die halbe Regierung auf dem Zentralfriedhof. Dort wollte der Bundeskanzler nichts zum Stand der Dinge in Sachen Kärntner Hypo sagen - nicht auf dem Friedhof, bitte. Beim Ministerrat eine Stunde später war der Kanzler dann nicht gesehen. Denn nicht er selbst und der Vizekanzler stellten sich dort den Medien, sondern die Ministerinnen Sophie Karmasin von der ÖVP und Gabriele Heinisch-Hosek von der SPÖ. Von den Journalisten nach dem aktuellen Anlass für ihren Auftritt befragt, sagt Heinisch-Hosek: "Die Ankündigung, dass die Familienbeihilfe erhöht wird, ist an sich schon ein Wert. Und deswegen stehen wir heute auch da."

Angekündigt worden ist die Erhöhung der Familienbeihilfe freilich schon bei der Regierungsklausur vor einem Monat, alle Medien haben breit berichtet. Ministerin Karmasin fällt noch etwas ein: "Und ich mag noch ergänzen: Ab 1.2. ist ja auch die Erweiterung des Top-Jugend-Tickets in Kraft getreten. Also das ist auch ein aktueller Anlass." Auch nicht sehr überzeugend für die Journalisten, sie fragen weiter und bekommen schließlich das zur Antwort von Heinisch-Hosek: "Das verstehen wir auch unter neuem Regieren, dass wir die Möglichkeit haben, unsere Themen einer ganz großen Zahl von Journalistinnen und Journalisten, die das auch wertschätzen näherbringen zu können. Dafür bedanken wir uns, dass Sie auch so zahlreich erschienen sind heute."

"Das werde ich weiterleiten"

Die Journalisten bedanken sich für diese - sagen wir nobel - Geringschätzung ihrer Einwände, die Heinisch-Hosek damit komplett vom Tisch gewischt hat - und die SPÖ-Ministerin verspricht, dass es so weitergehen wird: "Diese Pressefoyers werden in guter Abwechslung auch mit anderen Duos in Zukunft bestückt sein. Nicht jede Woche wahrscheinlich, aber immer wieder."

Auch wenn diese sogenannten Spiegelminister-Duos viele Fragen nicht beantworten können - "Das werde ich mitnehmen und an den Herrn Bundeskanzler und den Herrn Vizekanzler herantragen" - und so wie gestern hauptsächlich eine Ministerin spricht, nämlich Gabriele Heinisch-Hosek - während die andere, nämlich Sophie Karmasin, vor allem danebensteht und nickt. Der Kanzler nimmt sich die Medienauftritte in Brüssel und im noch interessanteren Ausland wie in Sotschi. Hypo-Debakel hin oder her. Dafür hat er ja einen Finanzminister und ÖVP-Chef, den er ins Feuer schicken kann.

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