Eric Fischl in der Albertina

In den 1980er Jahren stieg der amerikanische Maler Eric Fischl zum Superstar der New Yorker Kunstszene auf. Mit seinen Bildern bot Fischl intime Einblicke in das öde Alltagsleben amerikanischer Vorstädte. Die Albertina zeigt nun in einer Personale Fischls Arbeiten auf Papier.

Study for Floating Islands, 1985

Study for Floating Islands, 1985

(c) Courtesy Eric Fischl und Jablonka Galerie, Köln

Als Seismograph heimlicher Perversionen, die unter der prüden Oberfläche brodeln, traf Fischl einen Nerv der Zeit. In den vergangenen Jahrzehnten wurde es etwas ruhiger um Eric Fischl, dessen Werk in Europa nie so bekannt gewesen ist wie in den USA. Die Ausstellung “Eric Fischl. Friends Lovers and other constellations“ wird heute Abend in der Albertina eröffnet. Nach Alex Katz und Robert Longo widmet sich das Haus damit einem weiteren Vertreter der amerikanischen figurativen Gegenwartskunst.

Mittagsjournal, 12.2.2014

Eine Nackte mittleren Alters räkelt sich mit weit gespreizten Beinen auf einer Matratze. Vor ihr ein halbwüchsiger Bub, der mit dem Rücken zum Betrachter steht und in ihrer Handtasche kramt. Offenbar entwendet er den Geldbeutel der Frau, die vielleicht seine Mutter ist. Handelt es sich um Missbrauch, um Diebstahl, ödipales Verlangen? Eric Fischl Bilder frieren einen Moment ein, der Raum für die Interpretation des Betrachters lässt. In seinen Bildern zeigt Fischl, was sich hinter verschlossenen Türen abspielt. Er durchleuchtet die Psychodramen und Abgründe, über die man lieber nicht mit den Nachbarn sprechen will.

Schauplatz von Eric Fischls Genrebildern sind die ausgefransten Vorstadtlandschaften der amerikanischen Mittelklasse. Seine Figuren platziert Fischl in fein säuberlich eingezäunten Vorgärten, Pools und biederen Interieurs. Oft sieht man erst auf den zweiten Blick, wie das Heimelige ins Unheimliche kippt.

Welcome to Suburbia!

"Man ging davon aus, dass die amerikanischen Vorstädte kein geeignetes Sujet für die Kunst sind. Gemeinhin hielt man die Vorstädte für eine kreative Wüste. Man könne dort nur Banales finden, so die allgemeine Anschauung. Meine Generation war die erste Generation, die in den Vorstädten aufwuchs. Wir wussten also, dass die Vorstädte viel Stoff bieten und das überraschte viele", so Eric Fischl, der seinem puritanischen Heimatland gewissermaßen einen Spiegel vorhielt.

Nicht zuletzt deshalb stieg Fischl in den 1980er Jahren in die erste Liga der New Yorker Kunstwelt auf. Die Albertina präsentiert nun Eric Fischls Arbeiten auf Papier. Darunter Aquarelle und Arbeiten auf Chromecoat, einem glänzend beschichteten Papier, das entfernt an Fotopapier erinnert.

Die Ausstellung "Eric Fischl. Friends, Lovers and other constellations" zeigt unter anderem viele Strandsujets. Nach den Vorstädten ist es nämlich der Strand, den Fischl bevorzugt auf die Leinwand bannt. Da wie dort gibt es viel nackte Körperlichkeit zu sehen. Der Körper, seine Posen, seine Haltung sind ohnehin ein Thema, das den 65-jährigen Maler von Beginn an umtreibt. Angefangen hat Fischl freilich als abstrakter Maler. In den frühen 70er Jahren war das, als vollmundig der Tod der Malerei verkündet und die gegenständliche Malerei als Anachronismus abgetan wurde.

Die Renaissance der Gegenständlichkeit

"Wenn die Malerei tot war, dann war die Figuration erst recht tot. Es gibt einige Gründe, warum ich angefangen habe, trotzdem gegenständlich zu malen. Erstens war ich kein guter abstrakter Maler und zweitens habe ich einen narrativen Zugang entwickelt. Ich habe mir selbst beim Malen Geschichten erzählt, ausgehend von Figuren, die ich auf fotografischen Vorlagen gefunden habe", so Eric Fischl.

Als in den 1980er Jahren, nachdem jahrelang Minimal Art und Konzeptkunst den Ton angegeben hatten, ein wahrer Hunger nach Bildern entfachte, war Eric Fischl sozusagen zur rechten Zeit am rechten Ort. In Deutschland ist die neue Gegenständlichkeit mit Namen wie Martin Kippenberger verknüpft, in den USA mit Namen wie Julian Schnabel und Eric Fischl. Die Albertina knüpft mit ihrer aktuellen Ausstellung an vergangenen Ausstellungen, die sich der amerikanischen gegenständlichen Gegenwartskunst widmen, an. Eine Möglichkeit, Eric Fischl, der in Europa nie so bekannt gewesen ist wie in den USA, auch hierzulande zu entdecken.

Service

Ö1 Club-Mitglieder bekommen in der Albertina ermäßigten Eintritt (zehn Prozent).

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