MAAM - Kollektives Kunstwerk in Rom
Roms Kulturszene macht im Moment eher Negativschlagzeilen: Museen und Theater werden geschlossen oder finanziell ausgehungert. Umso mehr Aufsehen erregt eine Kulturinitiative, die von Einwandern, von Sinti, Roma, Obdachlosen und professionellen Kunstschaffenden in einer besetzten Fabrik auf die Beine gestellt wurde; das MAAM, ein Ort der Kunst und der Kultur von unten.
8. April 2017, 21:58
Kulturjournal, 13.02.2014
Fotos von Überlebenden. Fotos von Einwanderern, die mit Schleppern aus Nordafrika über das Mittelmeer nach Italien kamen, um dann in Auffanglagern unterzukommen, die von Amnesty International als unmenschlich kritisiert werden. Die Fotos zeigen die Überfahrt mit rostigen Booten und das Leben in den italienischen Lagern. In einem anderen Stockwerk wird politische Kunst gezeigt. Von Einwanderern und Italienern. Thema ist die Wirtschaftskrise in Italien und die immer ärmere Bevölkerung.
Kunst auf mehreren Stockwerken: wilde, politische, verrückte Kunst. Alles ist erlaubt im MAAM, dem Museo dell'Altro e dell'Altrove, zu Deutsch: dem Museum des Anderen und des Woanders. Das MAAM am römischen Stadtrand, in der Via Prenestina 913, untergebracht in einer ehemaligen Fabrik, ist momentan der hippste Kunstort der italienischen Hauptstadt. Hier wird die Unterscheidung zwischen Kunst und Realität aufgehoben, erklärt der Anthropologe Giorgio De Finis, Gründer dieses ungewöhnlichen Museums:
"Die Idee zu diesem Museum entstand zusammen mit den Bewohnern dieses seit einiger Zeit besetzten Gebäudes. Besetzt von 200 Sinti und Roma, Einwanderern und Armen, von denen nicht wenige das Bedürfnis verspüren, sich künstlerisch auszudrücken. Mir geht es darum, diesen Künstlern unter die Arme zu greifen, denn aufgrund ihrer höchst unterschiedlichen Lebensgeschichte haben sie viel zu erzählen."
Besichtigungsparcours
Die Gemeinschaftsräume der besetzten Fabrik - eine Bar, ein Restaurant, Salons und Ausstellungssäle - zeigen Kunst und von den Künstlern ebenfalls geschaffene recht fantasievoll gestaltete Möbel. Die meisten der Künstler versuchen sich in verschiedenen Genres: Sie malen Bilder, sie zeichnen, machen Fotos oder schaffen auch Installationen. Professionelle Künstler von der römischen Kunsthochschule unterrichten den Umgang mit Materialien.
Einige der Räume, in denen Künstler leben und schaffen, sind Teil eines Besichtigungsparcours, Pinacoteca Domestica Diffusa genannt: Die Besucher besichtigen die Kunst eines Künstlers in dessen ganz privatem Ambiente. Auf diese Weise kommen Kunstschaffende und Interessierte schnell ins Gespräch. Der international bekannte Künstler Michelangelo Pistoletto unterstützt das Projekt Maam:
"Dieses ganze Museum, diese Fabrik ist eine Art kollektives Kunstwerk. Hier wird Kunst aus einem tiefen Bedürfnis heraus geschaffen, ohne Galeristen, ohne Kunstmarkt, aus reiner Lust an der Kunst. Das Resultat? Wilde, frische, ganz neue Kunst."
Pistoletto hat in diesen Tagen den römischer Bürgermeister dazu aufgefordert, endlich Geld für dringend notwendige Renovierungsmaßnahmen in der herunter gekommenen Ex-Fabrik lockerzumachen. Doch der reagiert nicht auf diese Anfrage. Jetzt hoffen Pistoletto und die Künstler im Maam auf die Spendenfreudigkeit römischer Kunstfreunde. Organisiert werden abendliche Happenings, mit denen möglichst viele Kunstinteressierte und mögliche Sponsoren der Kunstfabrik angelockt werden sollen.
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