Isabelle Huppert in "Die Nonne"

"Die Nonne" heißt ein Roman des französischen Schriftstellers und Aufklärers Denis Diderot, der erstmals 1792 erschienen ist. Nach zahlreichen Verfilmungen kommt das Werk, das den Leidensweg einer Nonne wider Willen im Jahr 1765 beschreibt, nun erneut ins Kino. In der Rolle einer Klostervorsteherin ist Isabelle Huppert zu sehen.

Pauline Etienne

Suzanne (Pauline Etienne) auf dem Weg in die Kirche, wo sie das Ordensgebübde ablegen soll.

(c) Camino Filmverleih

Mittagsjournal, 19.02.2014

Das Unglück für Suzanne (Pauline Étienne) beginnt mit einem folgenreichen Geständnis: Sie liebt einzig und allein Jesus Christus, ein Umstand, den sich die Eltern zu Nutze machen wollen. Durch die Heirat von zwei Töchtern sind sie finanziell am Ende. Die jüngste soll also ins Kloster. Dort wird sich Suzanne ihres Irrtums schnell bewusst, doch die Falle hat bereits zugeschnappt.

Moralische Erpressung

Den Widerstand der jungen Frau zu brechen, daran wird im Film "Die Nonne" mit Zuckerbrot und Peitsche gearbeitet. Da wäre eine Mutter Oberin, deren Güte und Barmherzigkeit vor allem die Instrumente der Manipulation und moralischen Erpressung sind, ihre Nachfolgerin hingegen wäre im Personal einer politischen Diktatur gut aufgehoben. Als Suzanne ihren Leidensweg aufzuschreiben beginnt, lässt sie deren Klosterzelle nach Schreibzeug durchsuchen, Leibesvisitation inklusive. Die anderen Nonnen spionieren ohne Reue.

Nicht Schwarz-Weiß

Regisseur Guillaume Nicloux inszeniert diesen Stoff nach einem Roman von Denis Diderot nicht allein mit grimmiger Kirchenkritik, sondern versucht, wie er selbst sagt, dem Geiste Diderots nahe zu kommen: "Vor drei Jahren hab ich mir gedacht, man könne dem Roman nur dann gerecht werden, wenn man ihn im sinne Diderots als Ode an die Freiheit inszeniert." Und, so Nicloux weiter, keine der Figuren in seinem Film sei entweder nur schwarz oder nur weiß gezeichnet.

Formale Strenge

Kalte Klostergänge, steife kirchliche Rituale, der Drill zum Gehorsam, der Hang zum unfreiwilligen Zynismus, das Beharren auf unerträglicher Lebensfeindlichkeit: Regisseur Nicloux geht dazu mit gebührend formaler Strenge ans Werk. Immer wieder zeigt er aber auch Menschen, die eigentlich in Freiheit leben, hinter gitterähnlichen Konstruktionen. Manchmal ist eben der eigene Kopf das größte Gefängnis, von dem man sich befreien muss. Dem Aufklärer Diderot hätte diese Erkenntnis wohl gut gefallen.

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Die Nonne