"Besuch der alten Dame" - das Musical

"Der Besuch der alten Dame" als Musical hatte gestern Abend im Wiener Ronacher Premiere. Friedrich Dürrenmatts Tragikomödie von der Milliardärin, die in ihrem Geburtsdorf Rache nimmt, soll mit Pia Douwes und Uwe Kröger in den Hauptrollen nach "Elisabeth" einen neuen Musical-Ansturm in Wien auslösen.

Morgenjournal, 20.2.2014

Grundsätzlich ist es egal, welchen Stoff man durch die Musicalmaschine dreht - ob Habsburgerbiografie, Shakespeare-Drama, oder ein Werk der modernen Klassik- was dabei herauskommt, wird immer so oder so ähnlich klingen. Und doch passt Dürrenmatts Stück, das seit Jahrzehnten an Schulen gelesen wird, und unzählige Male verfilmt wurde, wunderbar auf eine Musicalbühne. Es hat stark überzeichnete Charaktere, große Gefühle, Liebe und Hass, Rache und Verrat, und im Zentrum eine schillernde Frauenfigur.

Starkes Ensemble und stimmiges Bühnenbild

Pia Douwes als Claire Zachanassian - mit weißer Perücke glamourös in Szene gesetzt, überzeugt als Milliardärin die in ihre verarmte Heimatstadt Güllen zurückkehrt, um sich Gerechtigkeit zu kaufen. Uwe Kröger spielt den zunehmend in Bedrängnis geratenen Alfred Ill, buchstäblich umringt von einem insgesamt starken Ensemble in einem stimmigen Bühnenbild.

Die Jagdszenen, bei denen Männer mit Sturmgewehr und Maske durchs Publikum laufen, machen Ills Unbehagen am eigenen Leib spürbar. Das Stück bleibt nahe am Original, es gibt viele gesprochene Dialoge, und der Dramaturgieeinfall, die jungen Versionen von Claire und Alfred zu zeigen, funktioniert als emotionale Krücke fürs Publikum.

Applaus und Standing Ovations

Während der erste Akt insgesamt stimmiger, dunkler und subtiler ist, wird es im zweiten Teil dann doch noch schrill und bunt - dabei wäre die Grundaussage des Stückes Geld schlägt Moral auch ohne Hypo Bank Anspielung, Paris Hilton Verschnitt und Trash-Show verständlich gewesen. Ein Happy End gibt es - glücklicherweise und dem Original entsprechend, dennoch nicht. Der Applaus samt Standing Ovations vor allem für die beiden Hauptdarsteller, fiel trotz einiger Buhrufe für das Leading Team zufriedenstellend aus.

Fazit: -Intendant Chrsitian Struppeck dürfte nach einer kleinen Anlaufschwierigkeit den Geschmack des Wiener Publikums getroffen haben. Bleibt zu hoffen, dass dieses auch die Vorstellungen stürmt - denn sonst hilft den Vereinigten Bühnen wohl nur noch eine Milliardärin oder die Stadt Wien.

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