Hörspielpreis der Kritik
Letzter Halt Plattform 80
Zum siebten Mal wurde im Rahmen der "Ö1 Hörspiel-Gala" der "Hörspielpreis der Kritik" vergeben. Die Wahl fiel auf ein Stück der gelernten Schauspielerin, Dramatikerin und Ö1-Programmsprecherin Ursula Scheidle.
6. März 2014, 05:47
(c) Schimmer, ORF
Die Jury, bestehend aus österreichischen Literatur- und Kulturkritiker/innen, vergab den Preis für das, ihrer Ansicht nach, "künstlerisch anspruchsvollste und ansprechendste" Hörspiel des Jahres 2013.
Mitglieder der Jury waren:
- Margarete Affenzeller ("Der Standard")
- Hedwig Kainberger ("Salzburger Nachrichten")
- Norbert Mayer ("Die Presse")
- Peter Pisa ("Kurier")
Begründung der Jury
Das Gewinnerstück hat einen Schauplatz gewählt, den heutzutage vornehmlich amerikanische Fernsehserien okkupieren: nämlich das Krankenhaus. Man könnte meinen, es ist alles erforscht in so einem Gebäude, in diesem Apparat, der Arbeitsplatz für Fachkräfte und zugleich Durchgangsstadium ist für Patienten und Besucher, wo Schläuche säuseln und Hightech-Geräte ticken, wo eine Stimmung der Hektik wie der Beruhigung gleichermaßen herrscht. Kreißsaal-Action und Chefarztträume, Liebschaften und Krankenleid. Das Gewinnerhörspiel aber legt noch ein Scherflein nach und sucht mit den ureigenen Mitteln eines Hörspiels einen ganz speziellen Raum auf, und zwar jenen zwischen Leben und Sterben. Es öffnet einen Wahrnehmungsraum, der das Ende des Daseins näher rückt, der Innen- und Außenwelten akustisch charakterisiert, und in dem die innere Stimme, das eigene Grübeln von der umgebenden Betriebsamkeit durchbrochen wird. Ein unverbrauchter, ironisch-leichter Tonfall nimmt dem Ganzen das Pathos, die Schwere. Die schönen Stimmen und die fatalistisch-witzigen Dialoge machen hellhörig und lachen - und Sie erfahren, wie es klingt, wenn das Weltall anklopft. Die Jury gratuliert.
In ihrem von Harald Krewer inszenierten Krankenhausdrama "Letzter Halt Plattform 80" pendelt ein nicht mehr ganz junger und mäßig erfolgreicher Schauspieler (Wolf Bachofner) zwischen Leben und Tod.
Konrad und die Rolle seines Lebens
Es sprechen Wolf Bachofner und Petra Morzé
In seiner Orientierungslosigkeit trifft er zwischen den unzähligen Stockwerken, Plattformen, Aufzügen und Abgängen auf ein seltsames Ensemble.
Konrad trifft auf Elena, die Chefputzfrau, auf Rudi, den Chefpatienten, auf Fritz, den Chefarzt und auf Franz, der Chefpräparator des Hauses ist. Am wichtigsten von allen aber ist Ilse, die Nachtdienst habende Stationsschwester. Sie begleitet Konrad auf seinem letzten Weg. "Es wird Schicht um Schicht schwieriger", sagt sie, denn "heilen kann sich der Patient nur selbst." Am Ende wird sich Ilse beim Chefpräparator Franz, der auch ein Reisebüro betreibt, ein Ticket nach Papua Neuguinea kaufen. One way, bitte. Denn Konrads Bett ist leer, "ein unberührter, blütenweißer Kontinent."
Die Schriftstellerin, Schauspielerin und Radiomacherin Ursula Scheidle hat mir ihrem zweiten Hörspiel eine große Metapher gewagt. Es geht ihr um nichts Geringeres als um den Raum zwischen Leben und Tod. Aber - keine Sorge: Nur weil die Themen groß sind ist das Stück noch lange nicht traurig. Denn auch wenn das Leben eine Tragödie sein mag, das Ableben ist bestenfalls eine Farce.
In guter Gesellschaft
Der Hörspielpreis der Kritik wurde heuer bereits zum siebten Mal vergeben und noch nie hat die Fachjury dasselbe Hörspiel auf den Thron gehoben wie das Ö1-Publikum. Allerdings sind auch die Vorgaben ein wenig anders. Die Kolleg/innen österreichischer Tageszeitungen vergeben die Auszeichnung an jenes Stück, das – ihrer Ansicht nach – das "künstlerisch anspruchsvollste und ansprechendst"“ Originalhörspiel des vergangenen Jahres war.
Die bisherigen Preisträger waren: Eberhard Petschinka, Friederike Mayröcker, Magda Woitzuck, Sabine Schönfeldt, Elisabeth Putz und Christian Winkler. Keine schlechte Wahl also.