Die "Café Sonntag"-Glosse von Karl Ferdinand Kratzl

Ernst Molden

Zoologe, Germanist, Reporter, Dramaturg, Musiker, Autor. Krokodilstränen, Biedermeier, Austreiben und Dr. Paranoisky. So heißen seine Romane. Seine Theaterstücke: Der Basilisk, Häuserl am Orsch, Hafen Wien und Rosi Toni Tatzelwurm.

Ernst Molden hat oft einen Hut auf dem Kopf. Er liebt Sachen, die es gar nicht mehr gibt. Zum Beispiel das weiche, feuchte Innere einer reschen Semmel. Daraus hat er als Kind Kugerln geknetet. Diese Semmelteigkugerln waren die Rettung seiner Jugend. Jeden Morgen freute sich der kleine Ernst auf diese Kugerln. Das Gefühl in den Fingerspitzen, das langsame Zerkauen dieser Köstlichkeiten.

"A hondgmochte Sömme vom Bäckn, goidgöb.
Sie is um fünfe in da fruah vom Fritz-Bäck bockn wurn
Aus an Geamtag, der wos massiert worden is, bis er an inneren Glonz kriagt hot.
A so a Semmö kennt ka depperte Geometrie.
Sie hat ganz vaschiedane Dippln.
A guade Sömme muaß afoch vahatscht sein."

Würde Ernst Molden über die Semmel seiner Jugend schreiben, so spräche er nur über die Form dieses Gebäcks. Die Teigkugerl bliebe sein Geheimnis.

Ernst Molden macht Gusto auf das Innere, indem er das Äußere schildert. Egal ob bei Mensch, Tier oder Semmel. Molden verrät nichts über Intimitäten. Wenn der Gastgeber Oliver Baier geschickt nachfragt, kann er dem Herrn Molden vielleicht ein paar verborgene Geheimnisse entlocken. Herausklezln.

Und der Zuhörer, die Zuhörerin und alle Zwischenformen zwischen rein männlichen und rein weiblichen zuhörenden Menschen können sich dann aus dem herausgeklezelten Inneren des Ernst Molden ein eigenes Kugerl formen.

Die Stärke seiner Formulierungen ist, wie jede Stärke, chemisch betrachtet ein Polysacharid. Wir verdauen die Stärke seiner Formulierung. In unsrem eigenen Inneren werden aus seinen starken Formulierungen süße Formulierungen. Der Polysacharid wird in Monosacharide zerlegt – und die sind süß.

Dann schmeckt der Dichter besser. Den Dichter auffressen mit Haut und Haar. Sein Fleisch nagen wir von seinen Knochen. Die Flaxen werden ausgespuckt.

Pardon, heute ist ja Sonntag. Ein Tag der Sonne gewidmet. Wir haben den 2. März. Sonntag, immer wieder Sonntag, ist das Glück bei mir. Liebe Hörer, lieber Oliver Baier, ich freu mich, freuen wir uns auf Deinen Gast.