China: Schwere Umweltprobleme
Chinas Mächtige versprechen eine Welle neuer Wirtschaftsreformen – mit gutem Grund: Groß angelegte Investitionen in den letzten Jahren haben vor allem in den Provinzen einen Schuldenberg hinterlassen, das jahrzehntelange Turbowachstum hat zu einer Umweltkatastrophe geführt.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 3.3.2014
Aus Peking
Kein gutes Zeugnis für Chinas Umwelt
Wer einen Blick auf Chinas Umweltstatistik riskiert, der könnte in eine depressive Stimmung verfallen. Mehr als 50 Prozent des Grundwassers sind mittelmäßig bis stark verschmutzt. 20 Prozent des Oberflächenwassers sind schon beim Hautkontakt gefährlich. Ein Fünftel des Ackerlands ist verseucht mit toxischen Substanzen. Und erst jüngst hatten wieder 400 Millionen Chinesen zeitgleich mit einem riesigen Smogteppich zu kämpfen. Das traurige Vermächtnis von Jahren des ungezügelten und brutalen Wachstums. Ein Vermächtnis, das Chinas teuer zu stehen kommen, sagt der Politologe und Ökonom Damian Ma vom Paulson Institute, einer amerikanischen Denkfabrik mit Forschungsschwerpunkt China.
"Die ganzen Umweltschäden aufzuräumen wird extrem kostenintensiv werden. Schon jetzt sind mehr als 15 Milliarden Euro im Jahr für Umweltschutzmaßnahmen offiziell vorgesehen. Und es wird viel mehr werden." Schon vor einigen Jahren hätten chinesische Wissenschaftler berechnet, dass die angerichteten Umweltschäden mindestens drei Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung ausmachen. "Das alles war politisch so sensibel, dass dieser Bericht rasch wieder von der Bildfläche verschwunden ist", so der Wirtschaftswissenschaftler Ma.
Wirtschaftswachstum: Qualität statt Quantität
Jedes Jahr aufs Neue tritt ein chinesischer Regierungschef vor die Delegierten des Volkskongresses und erteilt dem Wachstum um jeden Preis eine klare Absage. Mehr Qualität statt Quantität wird es auch dieses Jahr wieder heißen. Doch die Vorgaben der Zentralregierung werden in den Provinzen oft untergraben, sagt der bekannte Investor Charles Liu, der vor allem auch grüne Projekte sponsert und dem beste Kontakte zur obersten Führung in Peking nachgesagt werden.
Die Karrieren vieler Beamter und Parteifunktionäre seien lange Zeit abhängig von den Wachstumsraten in ihren Regionen und Gemeinden gewesen. Sie sollten jetzt bestraft werden, fordert Charles Liu: "Die Zentralregierung hat schon seit zwei Jahren klargemacht, dass man exzessives Wachstum nicht mehr will. Unser Umgang mit Energie ist nicht nachhaltig, wir wollen ständig nur unsere Industriekapazitäten erweitern und haben uns bisher kaum um die Reduktion von Emissionen gekümmert." Darauf, so der Investor, werde in den nächsten drei bis vier Jahren der politische Fokus in China liegen.
Lebensqualität soll besser werden
Dieses Umdenken in der Wirtschafts- und Umweltpolitik fordern auch die Menschen in China. Denn neben der grassierenden Korruption ist die miese Lebensqualität in Chinas Metropolen mittlerweile eines der Themen, das alle am meisten aufregt. Und das dürfte auch in die Köpfe der obersten Parteigranden durchgesickert sein. Angesichts des gewaltigen Ausmaßes der Umweltmisere können die aber wohl auch beim besten Willen nicht so schnell Lösungen finden, wie es das Volk verlangt.