Die "Café Sonntag"-Glosse von Joesi Prokopetz
Reden wir übers Wetter
"Jedes Wetter ist besser als gar keines." (Volksweisheit)
"Bei gutem Wetter kann jeder Steuermann sein." (Deutsches Sprichwort)
8. April 2017, 21:58
Na schön, reden wir übers Wetter. Reden wir übers Wetter und zunächst über die zahleichen Redensarten und Metaphern, die uns die so oft als langweilig, unverbindlich bezeichneten und ins Reich des sinnleeren Small Talks verbannten Gespräche über das Wetter geschenkt haben und schenken. Glück und Sonnenschein wünschen wir uns und anderen, bei gutem Wind wollen wir etwas angehen, wenn die Wolken sich verzogen haben wagen wir einen Neuanfang und wenn wir ein Hoch durchleben, dann haben wir das vorangegangene Tief längst vergessen.
Aber auch das Sauwetter gibt es, das Wetter spinnt wieder, ja es schlägt sogar Kapriolen, es schüttet wie aus Schaffeln und in Großbritannien regnet es gar Katzen und Hunde, während es in einem angloamerikanischen Spitzenschlager Männer regnet.
Und - ein Kalauer, der vor Jahren sogar einmal Headline einer ÖBB-Anzeige war: Alle reden übers Wetter, aber keiner tut was dagegen.
Stimmt grundsätzlich. Allerdings mit kleinen aber umso entscheidenderen Einschränkungen. Es wird ja auch gesagt: Es gibt kein schlechtes Wetter, nur ungeeignete Kleidung. Und dahingehend kann man gegen die Imponderabilien des Wetters durchaus was tun. Wetterprognosen, erstellt von Fachleuten, halten den City-Slicker und das saloppe Sportsakko hint' an, wenn verheißen wird, dass es Schusterbuben regnet und lassen uns a priori zum grob genähten Haferlschuh und zum Wetterfleck greifen.
Wetterprognosen, die im Fernsehen, erfreulich oft und immer öfter von charmanten Damen, modisch treffsicher gekleidet und mit hoher Kompetenz im Plaudertone erstellt werden. Ein Orakel gewissermaßen, vorhergesagt von den Vestalinnen der Postmoderne.
Jedoch, was wären die Meteorologen und Geodynamiker, die ab und an in den Wolken leben und Altocumulus, Altostratus, Stratocumulus und Nimbostratus auch beim Vornamen kennen und mit ihnen auf Du-Fuß stehen, gäbe es die Klima- und Wetterforschung nicht.
Und hier wieder die Mess- und Mittelwertschätzer und vermehrt segensreicherweise die Mittelwertschätzerinnen. Denn das – wie oben erwähnt – Orakeln bedarf des Frauenzimmers. Es waren nicht umsonst Priesterinnen, die prophezeiten in Delphi, weil Frauen ein weit innigeres Verhältnis zur Zukunft haben als Männer. Und vor allem ein gewachsenes. Denn schon in der "Edda" gibt es einen Abschnitt, der heißt: Was die Seherin schaute und sang. Und die Nornen, Urd, Verdandi und Skuld, saßen unter der Weltesche Yggdrasil und webten das Netz des Schicksals weit in alle Zeiten hinein.
Die Mess-und Mittelwertschätzerin ist somit unersetzlich in der Klima- und Wetterforschung. Denn sie hat nicht nur Aug und Ohr, Intellekt und fundiertes Wissen dicht am Wetter und seinen Launen, sondern auch das, was weibliche Intuition heißt und zu den größten Geheimnissen der Feinstofflichkeit zählt. Und mit diesem zusätzlichen intuitiven Sensorium lauscht die Schätzerin (man beachte die klangliche Nähe zu "Seherin") dem Wetter so manches ab und bringt für Männer ewig Verborgenes ans Licht. Und schließlich, zwecks profaner Wetterprognose, in die entsprechenden Redaktionen; was nicht heißt, dass das Weibliche grundsätzlich stets für schönes Wetter sorgt. Siehe Frau Holle.