GB: Kinderbetreuung wird unbezahlbar

In Großbritannien können sich immer weniger Familien die Kinderbetreuungskosten leisten. In den vergangenen zehn Jahren sind die Kosten für Tagesmütter und Kinderhorte um 77 Prozent gestiegen, während die Einkommen vieler durch die Rezession sanken oder stagnierten. Immer mehr Mütter sind nun gezwungen, zu Hause zu bleiben, weil die Kinderbetreuungskosten höher als ihr Gehalt sind.

Mittagsjournal, 8.3.2014

Aus London berichtet

Kosten höher als Gehalt

Lynne Keeble arbeitete drei Tage in der Woche als Marketing Managerin in London. Vor Kurzem hat sie ihre gut bezahlte Stelle aufgegeben, um ihre drei Kinder im Alter zwischen ein und sechs Jahren zu betreuen. Sie liebte ihre Arbeit, war acht Jahre in der Firma. "Ich hatte das Gefühl, keine andere Wahl zu haben, als die Arbeit aufzugeben", sagt Keeble. Unterm Strich habe es sich nicht rentiert.

Das große Problem waren für sie, wie für viele andere berufstätige Mütter, die Sommerferien: "Während des Schuljahrs verdiente ich Geld, in den Ferien überstiegen die Kinderbetreuungskosten das Gehalt."

Mehr als 12.000 Euro pro Jahr für Hortplatz

Eltern in Großbritannien zahlen EU-weit mit Abstand am meisten für die Kinderbetreuung. Die steigende Nachfrage treibt die Preise privater Anbieter weiter nach oben. "Die Hälfte aller Gemeinden in England, Schottland und Wales hat nicht genug Kinderhortplätze", sagt Jill Rutter vom britischen Familienverband. Viele Eltern zahlen mehr als 12.000 Euro im Jahr für einen ganztägigen Platz im Hort.

Die Kosten seien zu hoch, es gebe zu viele Lücken in der Betreuung, das System funktioniere nicht, sagt Rutter. Die Kinderbetreuungskosten in Großbritannien steigen jährlich um vier bis fünf Prozent. Damit sind sie höher als die durchschnittlichen Kosten für eine Hypothek, sagt Spencer Thompson vom Institut für öffentliche Politik: "Die Kosten sind astronomisch gestiegen." Mehr Zuschüsse für Eltern würden das Problem nicht lösen, sagt Thompson, in der Vergangenheit habe sich gezeigt, dass die privaten Horte ihre Preise dann weiter steigern.

Kinderarmut könnte steigen

Die Regierung von Premierminister David Cameron ist aufgefordert, mehr staatliche Kinderhortplätze zu schaffen. Diese müssen nicht unbedingt zu hundert Prozent gratis sein, sagt der Politikwissenschaftler, sie sollten bedürftigkeitsorientiert vergeben werden, je nachdem wie viele Kinder eine Familie hat und wie hoch ihr Einkommen ist.

Das Institut für öffentliche Politik warnt, wenn die steigenden Kosten nicht gedrosselt werden, droht der Lebensstandard vieler Familie stark zu sinken. Die Kinderarmut könnte steigen und damit das Sozialhilfebudget belasten.