Russland: EU-Parlament für schärfere Sanktionen

Die EU geht den Ukraine-Konflikt nach wie vor von der Völkerrechtsseite an. Heute wies sie ein weiteres Mal auf die Illegalität des für kommenden Sonntag geplanten Referendums auf der Krim hin. In einer Debatte im Europaparlament in Straßburg verurteilten die Abgeordneten das russische Vorgehen und regten schärfere Sanktionen an. Die ukrainische Übergangsregierung soll von der EU viel stärker als bisher unterstützt werden.

Mittagsjournal, 12.3.2014

Klare Ablehnung, unklare Reaktionen

Offenen Völkerrechtsbruch werfen die Euroabgeordneten Russland vor. Die faktische Annexion der Krim könne nicht akzeptiert werden, das geplante Referendum am Sonntag sei illegal - soweit die weitgehend einheitliche Analyse der Vorgänge auf der Krim in der heutigen Europaparlamentsdebatte in Straßburg. Bei der Frage nach der Reaktion darauf gibt es allerdings schon weniger Klarheit.

Der liberale Fraktionsführer Guy Verhofstadt meint, dass es nie so weit gekommen wäre, hätte die EU eine echte gemeinsame Außenpolitik: "Es gibt keine ernsthafte Strategie. Dabei würden wir so dringend eine brauchen. Das würde bei einer gemeinsamen Energiepolitik beginnen. Und wir brauchen echte Sanktionen - gegen das schmutzige Geld, das in der deutschen Industrie, im britischen Finanzsektor und im französischen Immobilienmarkt investiert wird."

Barroso: verschärfte Sanktionen möglich

Der sozialdemokratische Fraktionschef Hannes Swoboda weist auf die Unverfrorenheit des russischen Vorgehens hin. "Es gibt kein legitimes Referendum auf der Krim. Russland soll nicht behaupten, dass das der Wille der Bevölkerung wäre." Das Krim-Referendum sei vielmehr eine Abstimmung unter Zwang, so Swoboda. "Und sie sagen auch schon, was dabei herauskommt."

EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso stellt die Verschärfung von Sanktionen in den Raum, wie sie schon von den EU-Staats- und Regierungschefs in der letzten Woche angedroht wurden. Nach dem noch verhaltenen Schritt der Aussetzung aller Verhandlungen über erleichterten Visazugang mit Russland könnten Einreisesperren und Einfrieren von Konten folgen.

Hilfspaket nur bei ernsthaften Reformen

"Eine Verschlechterung der Situation könnte zu härteren Schritten führen. Wir hoffen, dass wir das vermeiden können. Aber Russland muss erkennen, dass die Kapitel des letzten Jahrhunderts geschlossen werden müssen. Wir brauchen keine neuen Kalten Kriege", sagt der Kommissionspräsident. Barroso stellt allerdings auch weitere Hilfe für die Ukraine in Aussicht. Das in der letzten Woche in Aussicht gestellte Hilfspaket über elf Milliarden Euro könne es nur bei ernsthaften politischen Reformen geben.

Allerdings will die Kommission die EU-Märkte für ukrainische Waren schon frühzeitig öffnen. 500 Millionen Euro, rechnet die Kommission vor, könnten sich die Ukrainer damit jährlich ersparen.

Kein "business as usual"

Auf rasche und umfangreichere Hilfe haben Europaparlamentarier allerdings lang vor der Eskalation in der Ukraine hingewiesen. Die grüne Fraktionschefin Rebecca Harms zeigt sich allerdings vom russischen Vorgehen überrascht: "Was mich am meisten bestürzt, gerade heuer, hundert Jahre nach Beginn des ersten Weltkriegs, ist, dass Russland auch bereit ist, in den wahnsinnigen Propagandamustern des letzten Jahrhunderts ein Volk auf ein anderes zu hetzen."

Der liberale Europaabgeordnete Otto Graf-Lambsdorff glaubt dagegen zu wissen, was Russland tatsächlich wehtun könnte: "Russland hat die Fußballweltmeisterschaft 2018, das muss auf den Prüfstand. Und ich fordere den FC Schalke 04 von hier aus auf, am Freitag ohne Gazprom-Logo auf den Trikots in Augsburg aufzulaufen, um hier ein Signal zu senden, dass es nicht so weitergeht. Wir können nicht 'business as usual' machen."

Die Debatte im Europaparlament ist derzeit noch im Gang.