Vatikanexperte: "Papst ist barmherzig aus Kalkül"

Mit einem "Buona Sera" begann heute vor einem Jahr der rasanten Aufstiegs Jorge Mario Bergoglios zum gobalen Star. Mit seiner normalen, authentischen Art ist Papst Franziskus binnen kürzester Zeit allseits zum Sympathieträger avanciert. Inhaltlich ist seine Position weniger klar. Ein neuer Stil, aber sicher keine neuen Wege seien das, urteilt ein führender Vatikanexperte.

Mittagsjournal, 13.3.2014

Aus Rom

"Franziskus will Doktrin verteidigen"

Es ist gar nicht leicht, jemanden zu finden - vor allem in Rom - der nicht in Jubeltönen von Papst Franzsikus sprechen würde. Sandro Magister ist Vatikanexperte der linksliberalen Wochenzeitschrift "L'Espresso". Die Popularität von Papst Franziskus, seine Milde und Barmherzigkeit, mit der er alle, insbesondere die Sünder umarmt, sei Kalkül.

Magister spricht von einer "Waffe" zur Verteidigung der katholischen Doktrin. Franziskus' Gegner sei der "sekuläre Gedanke, der im Mäntelchen des Humanismus die Welt beherrschen will, und auch vor Euthanasie, Abtreibung und Schwulenehe nicht zurückschreckt."

Diesem Gegner, so Magister, will Papst Franziskus anders als seine beiden Vorgänger begegnen. Nicht in Konfrontation auf dem offenen Feld, sondern mit der Kraft seiner Popularität. Der große Liberalisierer, als den ihn viele laizistische Medien feiern, sei der neue Papst ganz sicher nicht.

"Fruchtlose" Reform der Kurie

Die Kardinäle, die Bergoglio zum Papst gewählt haben, haben ihn auch mit der Reform der skandalgebeutelten römischen Kurie beauftragt. Magister meint: "Bis jetzt sehe ich keine Früchte. Was in der Kurie herrscht, ist eine gewisse Verwirrung, die der neue Papst mit seinem Impetus in den Apparat, die Seilschaften und Grüppchen gebracht hat, die weiter bestehen, aber verunsichert sind." Den klaren Entwurf einer Reform könne er jedenfalls nicht sehen, so der Vatikanexperte.

Was sich daraus ergibt, sei weniger ein breiter Widerstand, sondern vielmehr eine totale Lähmung, die er, Magister, vor allem bei den Bischofskonferenzen zu erkennen glaubt.

Ende der negativen Schlagzeilen

Beinahe schlagartig, habe der Papst Franziskus die Kirche aus den negativen Schlagzeilen geholt: "Von einem medialen Trommelfeuer ist sie in eine fast idyllische Phase ohne jede Polemik gewechselt."

Dabei, so der Vatikanexperte, habe sich der der Papst mit den Ursachen der Polemik nicht übermäßig beschäftigt: "Interessanterweise, hat er, der alle umarmt, die Kranken, die Armen, die Behinderten, nicht einmal ein Opfer von Kindesmissbrauch getroffen."