Die "Café Sonntag"-Glosse von Eva Rossmann
Frauen an den Krisenherd
Dass Frauen an den Herd gehören, ist bekanntlich nichts Neues. Wenngleich: Heute muss man das schon relativieren. Es hat sich was geändert. - Jetzt wollen auch Männer an den Herd. Wer Gleichberechtigung will, muss ihnen das zugestehen. Kommt's aber zur Krise am Herd, brennt was an, geht was über oder aus, dann ruft man gerne nach einer Frau.
27. April 2017, 15:40
Vielleicht, weil Männer - natürlich! - etwas machen, aber Frauen etwas daraus machen können. Aus dem, was da ist. Trotz dem, was fehlt. Das liegt zwar, wie so vieles andere auch, nicht in den Genen, aber man hat es uns beigebracht. Wird es eng, sind wir erfinderisch. Wir reden noch immer vom Herd. Klar. Zum Beispiel in Griechenland. Da essen die Familien und Freunde jetzt wieder mehr miteinander. Weil viele keinen Job haben und es auch nicht alles zu kaufen gibt und selbst wenn es alles gäbe, bräuchte man Geld. Also kocht Frau Bohnen und was sie billig findet, sie macht was daraus und ein Stück mehr Leben ist gesichert. Sozusagen am Krisenherd. Für mehr Irritation sorgt es da schon, wenn Frauen sich Krisenherden forschend nähern. Übersetzt ins Politische wäre eine Krankenschwester schon systemkonform, aber eine, die das reportiert oder gar kommentiert, was irgendwo, passiert, angestellt, auch verbrochen wird... irritiert. Als sei das dann jedenfalls der falsche Herd.
Irgend so ein Herd war es auch, wo einst eine Reporterin vor einem Panzer stand. In Rüschenbluse. Sie hat Gescheites gesagt und das wurde im Fernsehen übertragen. Die Aufregung war groß: Wie kann die sich - völlig unpassend! - in einer Rüschenbluse vor den Panzer stellen? Sie hielten die Bluse für unpassend. Vielleicht meinten sie damit auch die Frau. Seltsamerweise hat keiner und keine den Panzer für unpassend gefunden. Nämlich nicht als Bild-Hintergrund, sondern überhaupt.
Ist doch praktisch, wenn man sich über Berichterstatterinnen empören kann und nicht über das, worüber sie zu berichten haben. Weil da braucht man wenig zu denken und nichts zu tun. Frauen auf Outfit zu beschränken schafft ein jeder. Selbst Halbaffen soll das schon gelungen sein. Zupft an den Rüschen und verschwindet im Baum. Während so ein Mann vor, hinter oder in einem Panzer samt Tarngewand ist. Da gibt es nichts zu zupfen. Da sind selbst die Berichterstatter vom Krisenherd quasi Teil desselben. Nicht nur outfitmäßig. Sie machen. Während... könnte es sein, dass Frauen auch da etwas daraus machen? Indem sie nach den Zusammenhängen fragen? Dem Hunger? Der Angst von denen, die man nicht sieht? Den Machtspielchen von denen, die man immer sieht, fein angerichtet mit Worten, die beschwichtigen oder beschwören. Den Angstspielen mit viel blutigem Fleisch?
Uroma hat gerne gestickt. "Eigener Herd ist Goldes wert". Ich finde, jeder Herd geht uns was an.