Justiz prüft Schlepperprozess
Im Schlepperprozess wurden gestern alle noch in Untersuchungshaft befindlichen Angeklagten überraschend enthaftet. Die Richterin zweifelt die Stichhaltigkeit der Anklage an. Das Verfahren wurde auf 6. Mai vetagt. Nun wird die Causa von Oberstaatsanwaltschaft und Justizministerium geprüft.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 28.3.2014
Skandal oder kein Skandal?
"Mit dieser Faktenlage kann ich nicht weiterarbeiten" - so beendet Richterin Petra Harbich die Verhandlung und vertagt den Prozess. Der Grund: Die Anklage sei unklar und unübersichtlich, im Prozess habe sich herausgestellt, dass Übersetzungen nicht korrekt erfolgt seien. Kritiker sprechen bereits von einem Polizei- und Justiz-Skandal. Christian Pilnacek, Sektionschef im Justizministerium, weist diese Sicht zurück: Schließlich habe ein Dreirichtersenat des Oberlandesgerichts (OLG) Wien keinen Grund gesehen, dass die Anklage nicht rechtmäßig gewesen wäre. Außerdem seien bereits zwei Monate vergangen, seitdem die Anklage rechtskräftig ist, somit sei die Vorbereitungszeit angemessen gewesen, sagt Pilnacek, der aufgrund der vorliegenden Berichte und Darstellungen nicht von einem "Skandal" sprechen will.
Berichte und Prüfungen
Allerdings nähmen sowohl die Oberstaatsanwaltschaft als auch das Ministerium die Vorwürfe in der Causa zum Anlass, den Fall aus Sicht der Staatsanwaltschaft und des Gerichts berichten zu lassen, sagt Pilnacek. Warum ist dies bisher nicht erfolgt? "Das ist eine gute Frage. Aber offensichtlich ist die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt davon ausgegangen, dass eine Haftsituation gegeben ist, dass es besonders dringend ist und dass es nicht die Berichtskriterien erfüllt, also kein Verfahren von besonderer öffentlicher Bedeutung."
Schließlich müsse man auch die Unabhängigkeit der Gerichte achten, so Pilnacek: "Weil wenn es so krass wäre, dann hätte ja das Gericht auch sagen können: Das ist derartig verfehlt, dann fälle ich einen Freispruch." Der Prozess wurde auf 6.Mai vertagt, bis dahin wird die Causa nun von höchster Stelle geprüft.