US-Erdgas für Europa?
Unabhängigkeit von Russland bei der Öl- und Erdgasversorgung gilt für viele Staaten in Europa als Utopie. Deutschland importiert mehr als ein Drittel seines Erdgases aus Russland. Staaten wie Estland, Lettland oder Litauen sind vollkommen von Moskau abhängig. Die Krim-Krise wendet nun das Blatt. Die USA schmieden Pläne, den europäischen Energiemarkt mit Erdgas zu versorgen.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 28.3.2014
Litauen betreibt Lobbying in Washington
Es ist langwierig, es ist teuer und es könnte dauern. Aber der Plan der Amerikaner, bald Erdgas nach Europa zu befördern, wird konkreter. Das Ziel: Russlands Einfluss auf Europa soll kleiner werden. Staaten wie Litauen sehen ihre große Chance gekommen. Und betreiben in Washington bereits Lobbying. "Die russische Wirtschaft ist abhängig von Petrodollars", sagt der republikanische Abgeordnete Jeff Duncan. "Wir können ein wichtiges Signal senden, und bewirken, dass die Russen eine schlechtere Verhandlungsbasis haben. Staaten wie Litauen wollen sich endlich aus dem eisernen Griff Moskaus lösen." Der litauische Energieminister Jaroslaw Neverovich ist dafür extra nach Washington gereist. "Wir sind zu 100 Prozent von Russlands Erdgasversorgung abhängig", sagt Neverovich im US-Senat. "Und wir zahlen 30 Prozent mehr für russisches Erdgas als irgendein anderes europäisches Land. Das ist nicht gerecht. Russland missbraucht seine Rolle als Monopolist."
Litauens Verträge mit Gazprom laufen aus
Ende nächsten Jahres laufen die litauischen Verträge mit dem russischen Energiekonzern Gazprom aus. "Allein die Aussicht auf amerikanisches Erdgas würde die Verhandlungsposition verbessern", sagt Neverovich. "Keine Nation sollte die Macht haben, mit seiner Energieversorgung andere Staaten zu bestrafen. Ich bitte Sie: lassen Sie uns zusammenarbeiten." Ungarn, Polen, die Slowakei und Tschechien haben die USA bereits offiziell darum gebeten, Öl- und Erdgas-Exporte zu genehmigen. Doch es gibt eine Hürde. Seit Jahrzehnten gibt es in den USA ein Öl-Export-Verbot. Geht es nach dem republikanischen Abgeordneten Ed Royce, soll das aber bald geändert werden: "Unser Erdgasressourcen könnten Putins Macht reduzieren, die Politik Europas verändern und hier zu Lande Millionen Jobs schaffen. Aber dazu müssen wir endlich unseren Exportmarkt öffnen", sagt Royce.
Export von Flüssigerdgas hat auch Nachteile
Bisher hat das Energieministerium nur sieben Exportverträge bewilligt. 23 andere stehen immer noch aus. Doch der Export von Flüssigerdgas hat auch Nachteile. Zum einen, weil die Gaspreise in Europa deutlich höher liegen als in den USA, und das zu steigenden Preisen führen könnte.
Zum anderen, weil es den umstrittenen Fracking-Boom in den USA ankurbeln würde. Das sorgt nicht nur bei Umweltschützern für heftigen Widerstand, sondern auch bei Politikern wie dem demokratischen Abgeordneten Eliot Engel: "Wenn die Leute in meinem Wahlbezirk das Wort Fracking hören, flippen sie aus. Chemikalien, verschmutztes Trinkwasser, es gibt viele Horrorgeschichten. Die Leute sorgen sich um die Umwelt und darum, dass die Preise für Öl und Gas hierzulande steigen würden. Und es kostet Geld. Erdgas gehört zu den teuersten Transportgütern", sagt Engel.
Kritische Stimmen werden leiser
Das Erdgas muss zunächst verflüssigt und dann über den Atlantik verschifft werden. Das kostet Geld. Und es gibt Studien, die glaubhaft versichern, dass das nicht profitabel ist. Amerika als Erdgaslieferant nach Europa: Noch ist es Zukunftsmusik. Doch die fordernden Stimmen aus Europa werden lauter. Und die kritischen Stimmen im US-Kongress werden langsam leiser.