Russell Crowe als "Noah"

Bibelfilme sind in Hollywood offenbar derzeit wieder hoch im Kurs. Kain und Abel und Moses sollen noch im laufenden Jahr alttestamentarische Strenge in die Kinosäle bringen. Den Anfang macht aber "Noah" mit Russell Crowe in der Hauptrolle.

Russell Crowe

Russell Crowe

(c) Lacerda, EPA

Der biblische Held hat mit seiner Arche auch an den kanadischen und US-amerikanischen Kinokassen Oberwasser bekommen: Das Monumentalepos hat nämlich bereits an seinem Startwochenende 32 Millionen Euro eingespielt und ist damit an die Spitze der nordamerikanischen Kinocharts gestürmt.

Kulturjournal, 03.04.2014

Es ist eine apokalyptische Welt, in der Noah mit seiner Familie lebt. Gewalt und Willkür herrschen unter den Menschen und die Natur geht langsam vor die Hunde. Der fundamentalistische Rachegott des Alten Testaments beschließt daraufhin, reinen Tisch zu machen und mit einer verheerenden Sintflut die Menschheit von der Erde zu tilgen.

Jeder kennt diese Geschichte, dabei sind die Quellen dazu äußerst karg, so Regisseur Darren Aronofsky: "Die Geschichte Noahs ist kurz, im Alten Testament sind es nicht mehr als ein paar Absätze. Noah sagt nicht einmal etwas in der Bibel, aber wenn man Russell Crowe engagiert, braucht man natürlich auch Dialoge für ihn und so haben wir nach Hinweisen gesucht, um die Figur des Noah besser zu verstehen."

Aronofsky hat deshalb die Qumran-Schriften studiert und mehrere Apokryphen, Texte also, die keinen Eingang ins Alte Testament gefunden haben. Daneben hat er sich aber auch zahlreiche künstlerische Freiheiten genommen. Sein Noah ist da etwa, ganz gegenwartskonform, ein radikaler Umweltaktivist.

Wunder der vorsintflutlichen Welt

Laut der Genesis hat Noah seine drei Söhne erst im Alter von 500 Jahren gezeugt, zudem soll sich sein Name vom hebräischen Wort für "ausruhen" ableiten. Beides hat dazu geführt, dass Noah bisher meist als onkelhafter Charakter gezeichnet wurde, der die Dinge eher gemächlich angeht. Der von Russell Crowe dargestellte Noah schlägt da ganz andere Töne an. Ganz viriler Held, behauptet er sich gegen drei Gegner gleichzeitig, an Entscheidungsfreudigkeit mangelt es ihm auch nicht und in seiner Schwarz-Weiß-Zeichnung der Welt steht er dem Fundamentalismus seines zornigen Schöpfergottes in nichts nach.

"Es gibt viele vorgefertigte Bilder, die einem zu Noah einfallen", sagt Darren Aronofsky. "Meist ist er ein alter Kerl mit langem, weißen Bart, Sandalen und Mantel, der in der Wüste sitzt. Mir war klar, dass ich solche Erwartungen enttäuschen musste. Wenn man nämlich tiefer eindringt in diese vorsintflutliche Welt mit all ihren Wundern, dann gibt einem das die Gelegenheit, eine ganz eigenständige Welt zu schaffen und das war für mich die spannende Herausforderung."

Und so wurde die vorsintflutliche Welt zur Spielwiese für die oft aberwitzigen Gedanken des US-Regisseurs. Aronofsky hat etwa das Geschehen aus dem wüstenhaften Originalschauplatz des Nahen Ostens in die kalt-gemäßigte Klimazone verlegt. Gedreht hat er nämlich auf Island, das dem Neuseeland, wie man es aus der "Herr der Ringe"-Trilogie kennt, verdächtig ähnlich sieht. Auch was die Kostüme betrifft, hat er sich ganz offensichtlich von dem berühmten Fantasy-Epos inspirieren lassen. Wirklich haarsträubend ist jedoch Aronofskys Interpretation der alttestamentarischen Nephilim, die im 1. Buch Moses als Riesen geschildert werden. Sie treten als vollständig computeranimierte, bizarre steinerne Monster auf.

In Pixeln untergegangen

Apropos computeranimiert: Die Heerscharen von Tieren, die schließlich pärchenweise auf die Arche stürmen, sind eine einzige Pixelflut, wobei Aronofsky hier auf die Macht der Masse und kaum auf Details gesetzt hat. So scheint das Breitwand-Epos wie ein Bauchladen, in dem für jeden etwas dabei sein soll. Darren Aronofsky: "Letztendlich basieren all unsere Superhelden auf biblischen Figuren und ich wollte dem Kinopublikum in Erinnerung rufen, wie großartig diese Geschichten sind. Mir war es deshalb auch wichtig, dass der Film für Gläubige und Atheisten gleichermaßen funktioniert."

Dazu gehört auch, dass Noah einem klaren Gegner gegenüberstehen muss. Aus dem alttestamentarischen Schmied Tubal-Kain macht Aronofsky deshalb kurzerhand einen skrupellosen König, der sich beim Anblick der riesenhaften Arche fragt, was das wohl ist. Was ist das, fragt sich auch der Kinogänger, wenn er nach 137 Minuten die 3D-Brille abnimmt und ins Freie taumelt. Ein Image-Film für Öko-Fundamentalisten, "Herr der Ringe" für Arme oder ein Feel-Good-Movie für reaktionäre Bibelfanatiker. Aronofsky macht's wie sein Schöpfergott und lässt uns mit diesen Fragen im Regen stehen.

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