Nachruf auf Peter Liechti

In seinen Filmen hat er immer gleichzeitig die Welt und sich selbst erforscht: der Schweizer Peter Liechti. In der Schweiz gilt er als der bedeutendste Filmemacher der letzten zwanzig Jahre. Am Freitagabend ist Peter Liechti nach langer schwerer Krankheit in Zürich gestorben.

Peter Liechti

(c) EPA, RUETSCHI

Kulturjournal, 07.04.2014

Ein Neugieriger aus Berufung war er, der in seine Filmprojekte aufbrach wie ein Abenteurer in fremde Länder. Wenn Peter Liechti einen neuen Film in Angriff nahm, dann gab es keine vorgefassten Meinungen, die nur noch bebildert werden mussten. Ganz im Gegenteil war jeder Film ein Sprung ins kalte Wasser für ihn, der Ausgang der Reise ungewiss.

Als Peter Liechti beschloss, sich das Rauchen abzugewöhnen, machte er daraus einen filmischen Selbstversuch und nannte ihn voller Selbstironie "Hans im Glück". In drei langen Wanderungen versuchte er damals, von den Zigaretten loszukommen. Die radikale Ehrlichkeit von "Hans im Glück", die intelligent schweifenden Gedanken und eine feine Selbstironie brachten ihm 2004 den 3Sat-Dokumentarfilmpreis ein. Dabei konnte Peter Liechti mit dem Genre "Dokumentarfilm" gar nichts anfangen, sagt er. Zutreffender wäre es, Peter Liechti zu den Essayfilmern zu zählen und da gehörte er zu den ganz Großen. So wie vor ihm Chris Marker, schaffte er es auf lyrische Weise, den Akt des Denkens selbst auf Film zu bannen. Umso mehr ihn da ein Thema aus der Reserve lockte, umso lieber war es ihm.

Liechti gefiel es, mit Künstlern gemeinsame Sache zu machen, die genauso tickten wie er. Einer von ihnen war sein Landsmann Roman Signer, den er in "Signers Koffer" porträtierte. Im Film betrachtet der seine Selbstversuche als Skulptur. Alles konnte Peter Liechti zum Thema werden. In "Namibia Crossing" begleitete er afrikanische Musiker auf ihrer Tournee und in "Das Summen der Insekten" erzählte er die Geschichte eines Rückzugs aus der Welt, basierend auf der Novelle des japanischen Schriftstellers Masahiko Shimada.

2009 gewann er mit "Das Summen der Insekten" den Europäischen Filmpreis für den besten Dokumentarfilm. Sein letztes Lebensjahr war tragischerweise das erfolgreichste für Peter Liechti. Mit "Vaters Garten", einem Film, in dem er das schwierige Verhältnis zu seinen Eltern schilderte, gewann er Preise rund um die Welt, von Frankreich bis Korea. Erfolg nahm er allerdings immer zum Anlass, in seinem Schaffen noch experimentierfreudiger zu werden. Dazu kommt es jetzt leider nicht mehr, denn Peter Liechti ist mit nur 63 Jahren einer schweren Krankheit erlegen.