ORF musikprotokoll im steirischen herbst

Feeding the Future

Oktober 2014. Das musikprotokoll-Labor öffnet wieder seine Türen. Zum 47. Mal. Künstler/innen, Musiker/innen, Komponierende, Experimentierende aus aller Welt sind in Graz, um die aktuellen Ergebnisse ihrer Arbeiten mit uns zu teilen.

Klangforum trifft RSO

Das musikprotokoll bündelt dafür die Kräfte zu nie da gewesenem Luxus: Niemals bisher haben die beiden besten Klangkörper Österreichs im weiten Land der zeitgenössischen Musik gemeinsam auf derselben Bühne ein Stück gespielt. Beim musikprotokoll 2014 ist es so weit: Das RSO Wien musiziert gemeinsam mit dem Klangforum Wien.

Die Vorlage liefert Georg Friedrich Haas. Er konzipierte ein "concerto grosso" für Kammerensemble und Orchester. Die Idee: Ein Werk kombiniert orchestralen Klangsinn mit den Feinheiten eines ensemblehaften Solistenkollektivs als ein quasi neues, zeitgenössisches und luxuriöses Genre von Musik.

Gipfeltreffen mit The Necks und Radian

Ein weiteres Gipfeltreffen wird das erstmalige und lang erwartete Zusammenkommen zweier prominenter improvisierender Trios sein: Die australische Band The Necks trifft auf die in Wien beheimatete Formation Radian, sicherlich eine Weltpremiere inklusive stilistischer Fernsicht. Angekündigt haben sich auch das legendäre Arditti Quartet, das heuer seinen 40. Geburtstag feiert, der ukrainische Multiinstrumentalist Andrey Kiritchenko und viele andere aus allen Richtungen zeitgenössischen Musikschaffens.

Rettet das musikprotokoll

Ausgabe Nummer 47 also. Somit avanciert das ORF musikprotokoll zum ältesten Festival für zeitgenössische Musik in Österreich. Andere nennen es das traditionsreichste. Beides sind doppelbödige Adjektive. Immerhin wird die Musiktradition gerade in diesem Land oft strapaziert. Als Tourismusfaktor, als Argument für Konservatismus, als Komfortzone, in die man sich zurückzieht, wenn es um die wirtschaftliche und soziale Situation von Künstler/innen geht, die im Bereich des Zeitgenössischen arbeiten.

"Don't exploit the past without feeding the future", notierte Opernregisseur David Pountney in der Onlinepetition rettetdasmusikprotokoll.mur.at. Dieser Aufforderung folgt und diese Aufgabe stellt sich das musikprotokoll Jahr für Jahr selbst.

Kunst mit vollem Risiko

Dass das "Musikland" Österreich sich heutzutage so nennen darf, hat nämlich nicht nur mit der so ausgeprägten wunderbaren Musikgeschichte in diesem Land zu tun, sondern auch denkbar viel mit jenen Zeitgenoss/innen, die mit vollem Risiko ihre Kunst radikal weiterdenken. Mit Menschen, für die Möglichkeiten geschaffen werden müssen, ihre Werke national und international zu präsentieren. Mit Festivals, die das Risiko des Unerhörten eingehen. Und mit dem Publikum, das sich mit auf die Reise macht, um von neuer Musik überrascht, berührt oder herausgefordert zu werden.

Uraufführungen und neue Ideen können nämlich auch misslingen. Oder legendär werden. Das ORF musikprotokoll lässt sich seit 1968 jährlich auf dieses Risiko ein. Und nur deshalb kann sich dieses Festival heute auch als Teil der Musiktradition dieses Landes bezeichnen. Weil es stets lebendiges Labor des Neuen sein wollte und will.

Auch das musikprotokoll war in den Jahrzehnten seines Bestehens immer wieder gefährdet. Budgets wurden gekürzt, die Existenzberechtigung hinterfragt. Doch was uns niemand nehmen konnte und kann, ist die Überzeugung, dass Festivals wie das musikprotokoll noch mindestens weitere 47.000 Jahre gebraucht werden. Denn die Zukunft gehört gefüttert.

Service

Ö1 Club-Mitglieder bekommen beim steirischen herbst ermäßigten Eintritt (bis zu 50 Prozent).

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