Trauer um Maria Lassnig

Die internationale Kunstwelt trauert um Maria Lassnig. Die Malerin und Künstlerin starb gestern 94-jährig in einem Wiener Krankenhaus. Der große internationale Durchbruch gelang der gebürtigen Kärntnerin erst im hohen Alter von 90: Als "Entdeckung des Jahrhunderts" wurde sie nach ihrer Ausstellung in der Serpentine Gallery in London gefeiert. 2009 überraschte sie im MUMOK in Wien mit ihrem kraftvollen Alterswerk.

Maria Lassnig vor einem ihrer Gemälde

Maria Lassnig (Archivaufnahme aus dem Jahr 2009)

(c) dpa/Oliver Berg

Morgenjournal, 7.5.2014

Lassnig hatte gemeinsam mit Arnulf Rainer, Josef Mikl, Wolfgang Hollegha und Markus Prachensky zum legendären Kreis um Monsignore Otto Mauer gehört und mit ihren "Körperbewusstsein"-Bildern späten Ruhm erlangt.

Maria Lassnigs Alterswerk sprüht vor energiegeladener Frische - und es ist verblüffend radikal, wie etwa das großformatige Gemälde "Du oder ich".

Das Altern ist traurig, nicht der Tod

Vor dem Tod hat sich Maria Lassnig nie gefürchtet, wie sie einmal in einem Interview sagte: "Der einzige Gedanke ist, dass man fortgeht und nie mehr wieder kommt. Aber man wird ja eh immer gelangweilter von der Welt. Das heißt, selbst ist man eh nicht langweilig, nur die anderen glauben, dass man nicht mehr fähig ist, zu lieben und so, aber das stimmt ja alles nicht. Man wird nur von den anderen herausgelangweilt. Das Altern ist traurig, nicht der Tod."

Körperbewusstseinsmalerei

Maria Lassnig malte farbenfrohe, gnadenlose Selbstporträts, auf denen sie sich so darstellte, wie sie sich fühlte - verbogen oder verzerrt, als Klumpen oder mit Kochtopf am Kopf. Diese Körperbewusstseinsmalerei war Lassnigs Lebensthema.

Schon in den 1950er Jahren löste sie mit einem Selbstbildnis als Zitrone Befremden aus. Selbst bei Monsignore Otto Mauer, ihrem ersten Galeristen. Von den "Burschen", wie sie sich erinnerte, habe man viel mehr akzeptiert. "Wenn ich gesagt habe, dass diese Knödel, die ich gemalt habe, mein Inneres ist, mein Körpergefühl, da hat der Monsignore Mauer gesagt, ‚Ich bitte sie, hören Sie auf, das will ich gar nicht wissen, wo sie das her haben‘".

Selbstporträt von Maria Lassnig

Selbstporträt

(c) dpa/Lukas Barth

Wegbereiterin des Informel

In der Nachkriegszeit hat sich Maria Lassnig schwer durchgesetzt. Während Wegbegleiter wie Arnulf Rainer längst als Stars gefeiert wurden, wurde sie noch lange unter ihrem Wert gehandelt. Gemeinsam mit Rainer hatte sie damals im Zuge eines Paris-Aufenthalts das Informel kennen gelernt und nach Österreich gebracht - "den Surrealismus haben wir davor schon abgetan gehabt", so Lassnig.

Späte Karriere - typisch weiblich

Erst als sie nach mehreren Paris-Aufenthalten und einer Zeit in New York 1980 nach Österreich zurückgekehrt ist, gelang ihr der Durchbruch. Als erste Malerin im deutschsprachigen Raum übernahm sie eine Akademie-Professur an der Hochschule für Angewandte Kunst. Es folgten Teilnahmen an den Biennalen in Venedig, an der documenta 7 und 10 in Kassel, der große Österreichische Staatspreis. Seit sie 2002 den Rubens-Preis erhielt und 2004 den Max-Beckmann-Preis erzielte sie Österreich Auktionspreisrekorde.

Denkt man an andere Grandes Dames der Kunstgeschichte wie Louise Bourgeois und Carol Rama scheint eine derart späte internationale Anerkennung fast typisch für weibliche Künstlerbiografien zu sein.