"Gesamtkunstwerk" brachte den Sieg

Der Eurovision Song Contest 2014 hat nach 48 Jahren wieder Österreich den Sieg gebracht: Die Kunstfigur Conchita Wurst des 25-jährigen Tom Neuwirth hat mit "Rise like a Phoenix" Europa im Sturm erobert. Den Sieg gebracht hat aber das Gesamtkonzept des Auftritts.

Morgenjournal, 12.5.2014

Conchita Wurst als Gesamtpaket

Eine Dragqueen in Gala-Robe, mit Bart und dramatischem Augenaufschlag singt gegen Homophobie und Diskriminierung - so lässt sich das internationale Echo auf Songcontest-Siegerin Conchita Wurst zusammenfassen. Bart und Perücke als wichtigste Merkmale der Kunstfigur Conchita Wurst. Allerdings, so einfach sei die Conclusio nicht, meint der Musikproduzent Markus Spiegel, der mit heimischen Größen wie Falco, Wolfgang Ambros oder Drahdiwaberl zusammenarbeitete. Der Bart alleine helfe nichts ohne eine musikalisch solide Leistung. Die große Bedeutung der musikalischen Komponente betonte auch Conchita Wurst selbst bei der gestrigen Pressekonferenz: "Ich habe einen Song gewählt, der mir aus dem Herzen spricht."

Ob allerdings der Song alleine auch schon für den Sieg gereicht hätte, wagt Spiegel nicht eindeutig zu beantworten: „aus heutiger Sicht wahrscheinlich nicht.“

Ein geglücktes Gesamtkunstwerk also, sowohl optisch und akustisch ausgereift. Der Bart als einprägsames Wiedererkennungsmerkmal, die gesangliche Leistung als eindrucksvolle Draufgabe. So schätzt auch der Produzent David Bronner das Erfolgsgeheimnis von Conchita Wurst ein. Er hat den Song "Rise Like a Phoenix" produziert.

James-Bond-Ballade im Golden Dress

Als "zeitlose, große Glamourballade" wurde "Rise Like a Phoenix" im März erstmals der Öffentlichkeit präsentiert, und als solche habe er unbestritten musikalische Qualitäten, so Spiegel.

Eingespielt wurde die eigens für den Songcontest produzierte Nummer von der Budapester Philharmonie, die bereits langjährige Erfahrung als Studioorchester bei diversen Hollywood-Produktionen hat. Dass der Songcontest seinen eigenen künstlerischen Gesetzen gehorcht, beweisen auch Aufbau und Struktur des Songs, meint David Bronner. Sie unterscheiden sich grundlegend von üblichen radiotauglichen Pophits.

Der Song werde trotzdem durch die Radiostationen gehen, allein schon wegen der Erfolgsgeschichte beim Song Contest, so Spiegel, ob er allerdings zum Charthit aufsteige, sei noch nicht sicher.

Schon kurz nach dem Songcontest Finale gab es erste Anfragen US-amerikanischer TV-Produzenten und eine Einladung zur Gay Parade New York Pride - und auch hier gilt: Die bärtige Dragqueen ohne mitreißender Ballade wäre wohl ebenso wenig gefragt wie ein James Bond Song, dargeboten in Straßenkleidung.