"Illegale" Kirchenlieder: Rechtliches Nachspiel

Die Affäre um das Üben von Erstkommunionsliedern in einer Volksschule in Niederösterreich hat ein Nachspiel. Am Vormittag wurde gegen Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) und Landesschulratspräsident Helm eine Anzeige wegen Amtsmissbrauchs eingebracht. Der Chefjurist des Landesschulrats, der das Singen verboten hatte und deswegen strafversetzt wurde, wird diese Versetzung nicht bekämpfen. Und er könnte das auch nicht, selbst wenn er wollte - was Verfassungsexperte Heinz Mayer scharf kritisiert.

Mittagsjournal, 16.5.2014

Nicht bekämpfbar

Friedrich Freudensprung hat als Leiter der Rechtsabteilung des Landesschulrats NÖ einer Volksschul-Direktorin verboten, im normalen Unterricht mit den Kindern Lieder für die Erstkommunion einzuüben. Weil es das Gesetz so vorsieht. Doch die Mächtigen des Landes haben Freudensprungs Entscheidung aufgehoben und ihn ein Jahr vor der Pensionierung strafversetzt. Der Jurist empfindet das zwar als ungerecht, hat sich aber damit abgefunden und wird die Versetzung nicht bekämpfen. Als Landesbeamter, der der Schulbehörde des Bundes nur zugeteilt war, kann er das auch gar nicht, sagt der Verfassungsjurist Heinz Mayer: "Das ist keine bekämpfbare Maßnahme."

"Außerordentlich schlampige Verhältnisse"

Laut Mayer ist es eine insgesamt fragwürdige Konstruktion zulasten des Betroffenen: "Die Dienstzuteilung von Landesbeamten an Bundesbehörden ist rechtswidrig, dafür gibt's keine Rechtsgrundlage. Das Bundeschul-Aufsichtsgesetz sieht keine derartige Maßnahme als zulässig vor." Und das mit gutem Grund, wie der Fall Freudensprung exemplarisch zeige, so Mayer: "Der steht weiterhin im Einfluss und in Abhängigkeit von der Landesregierung, und wenn er da nicht genehm ist, dann wird einfach durch einen nicht bekämpfbaren Akt die Dienstzuteilung aufgehoben, und er ist weg. Ein Beispiel für eine ziemlich bedenkliche Situation im Schulbereich überhaupt. Dort herrschen außerordentlich schlampige Verhältnisse."

Anzeige wegen "Amtsmissbrauch"

Weg ist der Beamte deshalb, weil er eine Entscheidung getroffen hat, die letztlich Landeshauptmann Erwin Pröll nicht gepasst hat. Der stellte sich mit Landesschulratspräsident Hermann Helm auf die Seite katholischer Eltern, die mit Hilfe der Kronenzeitung eine Aufhebung des Verbots von Erstkommunionsliedern im Gesamtunterricht erwirkten. Die entsprechende Weisung von Helm und entsprechende Äußerungen von Pröll in den Medien haben jetzt zu einer Anzeige gegen die beiden geführt. Die "Initiative Religion ist Privatsache", die auch jene Eltern unterstützt, die den Fall ins Rollen gebracht haben, hat am Vormittag bei der Staatsanwaltschaft St. Pölten eine Sachverhaltsdarstellung deponiert. "Verdacht auf Missbrauch der Amtsgewalt" lautet der Vorwurf.