Vernachlässigt: Untersuchung läuft

Der Fall des schwer vernachlässigten psychisch kranken Häftlings in der Justizanstalt Stein sorgt weiterhin für Aufregung. Erschreckende Bilder der Zeitschrift Falter zeigen die schuppigen verkrusteten Füße des Mannes mit zentimeterlangen Zehennägeln. Erst starker Verwesungsgeruch im Zellentrakt führte dazu, dass der Fall entdeckt wurde und der 74-jährige Häftling in Behandlung gekommen ist. Jetzt laufen die Untersuchungen.

Mittagsjournal, 21.5.2014

Behandlung abgelehnt

Grundsätzlich gibt es in der Haftanstalt Stein ein sehr dichtes Kontrollnetz bei der Justizwache, dazu Ärzte, Psychologen, Krankenschwestern, sagt der Sprecher der Vollzugsdirektion Christan Timm. Trotzdem sei der Fall passiert.

Der psychisch Kranke Häftling soll seine Beine jahrelang einbandagiert gehabt und darüber lange Hosen getragen haben, schildert ein Abteilungskommandant aus Stein. Er habe zwar geduscht, aber offenbar immer nur seinen Oberkörper gewaschen, seine Beine aber nicht. Auch Timm betont, es habe Betreuungs- und Behandlungsangebote gegeben, diese seien aber nicht angenommen worden. Timm stellt aber auch klar, der Fall hätte nicht passieren dürfen.

Daher wurde auch die Staatsanwaltschaft Krems eingeschaltet. Dort wird wegen des Verdachtes der Vernachlässigung eines Gefangenen ermittelt. gegen bekannte und unbekannte Täter, so ein Sprecher. Die Ermittlungen laufen und werden noch einige Wochen brauchen. Der Umgang mit psychisch kranken Häftlingen stellt immer eine Gradwanderung dar, sagt Timm. Etwa die Frage warum der Mann beim Duschen nicht beaufsichtigt worden ist. Es sei eine Grenze zwischen Strafvollzug und Psychiatrie.

Was in diesen Fällen bleibt, seien dann Zwangsmaßnahmen, so Timm, aber das müsse gut überlegt sein.

In den vergangenen Jahren hat sich die Zahl der Häftlinge im Maßnahmenvollzug von 400 auf knapp unter 900 Personen verdoppelt. Auch Sicht von Timm sind Strafanstalten für diese meist psychisch Kranken Menschen nicht der passende Ort. In Deutschland werden derartige Häftlinge in speziellen Krankenanstalten untergebracht.

Volksanwaltschaft prüft

Auch die Volksanwaltschaft will ein umfassendes Prüfungsverfahren einleiten, sagt Volksanwältin Gertrude Brinek. Sie sei entsetzt und erschüttert. So ein Fall von Verwahrlosung habe sie noch nie gesehen und sie hätte nie gedacht, dass das heute in Österreich gefunden werden könne.

Der tragische fall von Versagen verweist auf ein Strukturproblem, das mehrere Ebenen umfasst, sagt Volksanwältin Gertrude Brinek.