"Punch and Judy" in der Wiener Kammeroper

Mister Punch und seine Frau Judy sind zwei in England sehr populäre Puppentheater-Figuren, vergleichbar mit dem Wiener Kasperltheater. Die Geschichten sind meist recht derber Natur, nicht selten ist auch Gewalt im Spiel. Der englische Komponist Harrison Birtwistle hat den "Punch and Judy"-Stoff Ende der 1960er Jahre aufgegriffen und daraus eine Oper geschrieben.

Punch hält ein Tuch hoch

(c) APA/ARMIN BARDEL

"Punch and Judy - Eine tragische Komödie oder eine komische Tragödie" lautet der Titel des Werks, das sich auf höchst skurrile Weise mit dem Thema Gewalt befasst.

Kulturjournal, 22.05.2014

Als wären sie nur Spielzeug: So gewissenlos und brutal behandelt Mister Punch sein eigenes Kind und seine Frau. Gleich am Beginn wirft er sein Baby, nachdem er ihm ein Wiegenlied gesungen hat, in den Ofen und ersticht seine Judy.

Mister Punch, Hanswurst oder Kasperl: Die Tradition des volkstümlichen Puppenspiels ist lang und hat ihre Wurzeln im italienischen Pulcinella der Commedia dell'arte. Charakteristischerweise reihen sich in den Aufführungen zahlreiche kurze Episoden aneinander, die von darstellerischer Derb-, sprachlicher Grobheit und oft auch von Gewalt geprägt sind. All diese Elemente würden sich auch in Harrison Birtwistles Oper "Punch and Judy" wiederfinden, meint Regisseur Leonard Prinsloo, der das Werk nun an der Wiener Kammeroper inszeniert.

Ein dreckiger, überdimensionaler Kanalschacht dient als Bühne für die Szenenabfolge, in der sich auch Elemente aus der griechischen Tragödie wiederfinden: Ein Chor kommentiert die Ereignisse; der Chorleiter führt das Publikum als Zeremonienmeister durch den Abend, wird später aber selbst Opfer des mörderischen Treibens.

"Punch and Judy" gehe von der Prämisse aus, dass die Welt der Spielzeuge, Puppen und Marionetten womöglich realer sei als die reale Welt selbst, meinte Harrison Birtwistle im Vorwort zum Libretto. Mit den artifiziellen Charakteren könne man die menschliche Natur anschaulicher und konzentrierter darstellen, als es im realen Theater möglich sei. Und trotzdem sei eben alles nur Theater und das ganze Spiel auch eine Komödie. Diese Ambivalenz habe Birtwistle auch durch seine Musik zum Ausdruck gebracht, sagt Walter Kobéra, Intendant der Neuen Oper Wien und musikalischer Leiter der Produktion.

Die Zusammenarbeit von Walter Kobéra und Leonard Prinsloo reicht schon einige Jahre zurück: Für die Neue Oper Wien hat der aus Südafrika stammende Choreograph und Opernregisseur bereits 1996 Benjamin Brittens "Billy Budd" inszeniert. Britten war es übrigens, der die Oper "Punch and Judy" bei Harrison Birtwistle einst in Auftrag gegeben hatte. Nach der Uraufführung von Birtwistles Opernerstling 1969 sei er jedoch alles andere als zufrieden gewesen, meint Leonard Prinsloo. Vielleicht wäre Britten heute gnädiger, könnte er das künstlerische Ansinnen Birtwistles und seines Librettisten Stephen Pruslin noch einmal aus der Distanz betrachten.

Bis zum 5. Juni ist Harrison Birtwistles "Punch and Judy" an der Wiener Kammeroper zu sehen.

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