Die "Café Sonntag"-Glosse von Eva Rossmann
Besser leben
Feminismus. Entschuldigung, braucht den noch jemand? Irgendwie nervt das Thema. Wirkt so, als würden da welche keinen Spaß verstehen. Kritik wird ja heute so leicht mit Jammern verwechselt, Analyse mit Besserwisserinnentum.
8. April 2017, 21:58
Und die Zeit, in der wir leben, ist eben längst anders. Jetzt wird wieder in die Hände gespuckt, wer tüchtig genug ist, der schafft es schon. "Die" auch? Also bitte, warum nicht? Nur nicht wehleidig sein. Das heißt schon, halb zu den Verlierern zu gehören. Frauen sind selbstverständlich mitgemeint.
Und außerdem. Eine Frau kann doch heute alles tun, was sie will. Sie darf sogar studieren, das war vor hundert Jahren noch nicht "normal". Na gut. Außer sie kommt aus einer Familie, in der Mädels lieber schön als klug sein sollen oder in der Lernen als Tachinieren gilt oder in der noch immer der Vater über das Leben der Tochter entscheidet.
Jedenfalls: Der Mann ist nicht mehr der Herr im Haus, wie das bis zur Familienrechtsreform 1976 Gesetz war. Zumindest eine volljährige Frau darf heute ganz eigenständig entscheiden, ob sie einer bezahlten Arbeit nachgehen will. Dumm nur, wenn sie gefragt wird, ob sie einmal Kinder möchte. So ein Plan gilt bei einem Mann als Zeichen seiner Seriosität. Bei einer Frau aber als Signal, dass sie in die Karenzzeit verschwinden könnte. Wir Frauen dürfen arbeiten. Sofern sich das mit unserem "sonstigen" Leben ausgeht. Wir verdienen noch immer rund 25 Prozent weniger? Aber bitte, dafür macht uns die soziale Kompetenz reich! Liebe ist doch viel schöner als Geld, Hingabe deutlich edler als Aktiendealen.
Außerdem haben Werkverträge ohnehin Vorteile. Man ist so flexibel! Und ein moderner Mann hilft ohnehin im Haushalt - wenn es sich ausgeht. Weil Fortbildung ist notwendig. Und Überstunden sind es auch. Und joborientierte Freizeitaktivitäten zwischen Happy-Hour-Drinks und Fußball spielen oder Golfen ebenso.
Ganz abgesehen davon: Steht eine Frau dann plötzlich alleine da, war sie einfach nicht schlau genug. Denn bitte, dass man eine gute Ausbildung und einen Beruf braucht, weiß heute doch jede. Und wenn der Mann (zum Glück oder Unglück) weg ist: Hätte man nicht besser auf ihn aufpassen können? Schöner sein? Klüger sein?
Was? Staatliche Hilfe? Infrastruktur für die, die sich nicht alles mit genug Geld selbst richten können? Bitte, "Staat" ist fast noch mehr out wie "Feminismus". Wir müssen sparen. Wo es den Lobbys nicht weh tut.
Genau wegen alledem brauchen wir Frauen-Aktionen. Und zwar solange Frauen, egal was sie tun, wie sie ticken, wie viel sie drauf haben, nur wegen ihres biologisches Geschlechts "anders" behandelt werden. Um endlich klar zu machen:
Frauen sind nicht die besseren Menschen, aber: kreativ, vielfältig, intelligent, anpassungsfähig, durchsetzungsstark, liebesfähig, einfach zu gut, um sich die von Machtmännchen verordneten Schranken durch Geschlecht oder Herkunft gefallen zu lassen. Es geht um ein besseres Leben. Und wir lassen Platz, damit auch unsere Töchter ihren finden können.