Paris: Krisentreffen nach Rechtsruck

Frankreichs Premier Valls sprach von einem "Schock" - der Front National wurde bei der EU-Wahl mit einem Viertel der Stimmen die stärkste Partei. Jetzt zieht die französische Regierung erste Konsequenzen. Im Elyseepalast läuft seit Vormittag ein Krisentreffen mit Hollande, Valls und den wichtigsten Ministern.

Mittagsjournal, 26.5.2014

Valls: "Kein Rücktritt"

Vereinzelt fällt nach dem gestrigen Wahlergebnis in Frankreich bereits das Wort von der "Regimekrise" , denn in der Tat hat Staatspräsident Hollande so gut wie keine Möglichkeit mehr, auf diese erneute und deutliche Ablehnung durch die Wähler zu reagieren. Eine gewisse Hilflosigkeit macht sich breit – mit der Ernennung eines neuen Premierminister hatte Francois Hollande nach den verlorenen Kommunalwahlen seine letzte Munition verschossen – und Regierungschef Valls stellte heute früh klar, dass an eine Auflösung des Parlaments oder gar an den Rücktritt des Präsidenten nicht zu denken sei: "Der Präsident hat ein Mandat für fünf Jahre, im Parlament haben wir eine Mehrheit und wir haben einen Fahrplan, einen Kurs, von dem ich nicht abweichen werde, ich werde den Franzosen jetzt nicht sagen, sie müssten keine Anstrengungen mehr machen."

Währenddessen reflektieren die Titel der Tageszeitungen heute die ganze Dramatik des Wahlergebnisses : "Big Bang – 25,41 % " , "Das National-Frontale Frankreich" , "Die Nationale Front glänzt, die sozialistische Partei versinkt" oder "Die Nationale Front drückt Sozialisten und Konservative an die Wand", heißt es da.

Barnier "wütend"

Eine der heftigsten Reaktionen der letzten Stunden auf den Wahlausgang kam vom bisherigen konservativen EU-Binnenkommissar Barnier, der sich auch um den künftig sinkenden Einfluss Frankreichs in Europa sorgt, angesichts dieses Wahlergebnisses: "Ich bin wütend, weil wir in diesem Land seit Jahren und Jahrzehnten unfähig sind, eine normale Beziehung zur europäischen Frage zu haben und eine normale Debatte. Man spricht über Europa nur alle fünf Jahre und dazu noch schlecht und so gut wie gar nicht – ansonsten herrscht Schweigen oder man hört Lügen oder Demagogisches – all dies kristallisiert sich jetzt in den Stimmen für die extreme Rechte."

Marine Le Pen und ihre Partei, die seit gestern bei jeder Gelegenheit wiederholen, dass man jetzt die erste Partei des Landes ist, richten ihren Blick bereits auf die Präsidentschaftswahlen 2017 – nicht zufällig feierte der Front National seinen Wahlsieg in der Nacht in einem Lokal unweit des Präsidentenpalastes, das den Namen "Elysee Lounges" trägt.

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