Frankreich: Finanzskandal um konservative UMP

Krisenstimmung bei Frankreichs konservativer UMP: nicht nur wegen des Wahlergebnisses, sondern vor allem wegen einer seit März gärenden Finanzaffäre um Parteichef Jean Francois Copé. Dabei geht es um eine PR-Firma, die der hochverschuldeten Partei Rechnungen in zweistelliger Millionenhöhe für Seminare und Veranstaltungen gestellt hat, die nie stattgefunden haben. Hinter diesen Rechnungen könnten sich nicht zulässige Ausgaben für den letzten Wahlkampf von Nicolas Sarkozy verbergen.

Mittagsjournal, 27.5.2014

Rechnungen in der Höhe von 10 Millionen Euro

Nicolas Sarkozys Wahlkampf 2012 war offensichtlich so aufwendig, dass die gesetzlich festgelegten 22 Millionen Euro bei weitem nicht ausreichten. Allein die Wahlveranstaltungen, die die PR-Firma Bygmallion in Rechnung stellte, sollen fast 20 Millionen gekostet haben. Als nach der verlorenen Wahl dann die Rechnungen präsentiert wurden, verlangte die konservative UMP, dass dutzende falsche Rechnungen für fiktive Leistungen ausgestellt wurden, damit die Summen den zulässigen Umfang der Wahlkampfkosten nicht sprengten – diese Bombe ließ der Anwalt der PR-Firma gestern platzen.

"Es geht bei den umstrittenen Rechnungen um über 10 Millionen Euro, wofür die Firma Bygmallion echte Leistungen erbracht hat, nur dass es eben für Wahlveranstaltungen des Kandidaten Sarkzoy war und nicht für irgendwelche Events und Seminare der Partei UMP", so der Anwalt. Man habe die Firma gezwungen, die Rechnungen so auszustellen, die PR-Firma keine Wahl. "Diese Entscheidung wurde von Politikern getroffen, die müssen jetzt zu ihrer Verantwortung stehen."

Wahlkampfchef übernimmt Verantwortung

Kaum hatte der Anwalt die Pressekonferenz gegeben, wurde der Parteisitz der UMP und die Firma Bygmallion von der Ermittlungsbehörden durchsucht, bevor dann am Abend Jerome Lavrilleux, politischer Ziehsohn und rechte Hand von Parteichef Copé, sowie Organisationschef des Wahlkampfs von Nicolas Sarkozy 2012, diese Informationen mit tränenerstickter Stimme live im Fernsehen bestätigte: "Es hat Entgleisungen gegeben hinsichtlich der Anzahl der Veranstaltungen und ich übernehme meinen Teil der Verantwortung. Ich kann mir vorwerfen, nicht irgendwann gesagt zu haben: 'Stopp, wir fahren an die Wand'!", sagt Lavrieux.

Lavrilleux, übrigens frisch gewählter Europaabgeordneter, ist das perfekte Bauernopfer. Laut ihm waren weder Nicolas Sarkozy noch Parteichef Copé über diese Machenschaften informiert. Glauben will dies – vor allem angesichts der Summen und der Komplizenschaft der beiden Männer – so gut wie niemand.

Copé zum Rücktritt aufgefordert

Wie auch immer: Nicolas Sarkozy ist erneut in diese Affäre verwickelt, nachdem schon seine offiziell deponierten Wahlkampfkosten letztes Jahr vom Verfassungsrat abgeschmettert worden waren, worauf der Partei 11 Millionen Wahlkampfhilfe gestrichen wurden – eine Spendenaktion der Mitglieder hat die Partei vor dem Bankrott gerettet.

Die seit dem Morgen dauernde Krisen-Vorstandssitzung der UMP war kurz vor Mittag noch nicht zu Ende. Per Twitter und SMS sickerte nach draußen, dass gleich mehrere Beteiligte – darunter Ex-Premier Fillon – Parteichef Copé zum unmittelbaren Rücktritt aufgefordert haben , der ehemalige Schatzmeister der Partei wird sogar mit den Worten „Hau ab“ zitiert. Copé soll sich aber weigern, sofort zu gehen – im Oktober soll ein Sonderkongress, bei dem er dann nicht mehr antreten werde, einen neuen Parteivorsitzenden wählen.