Volksanwalt: Aus für Netzbetten in Psychiatrie

Sogenannte Netzbetten oder auch Käfigbetten für psychisch kranke Menschen stehen in den meisten Staaten nur mehr im Museum. In Österreich aber sind sie noch im Einsatz - und zwar vor allem in Wiener Spitälern. Die Volksanwaltschaft fordert jetzt neuerlich ihre Abschaffung. Und offenbar will jetzt auch das Gesundheitsministerium die Stadt Wien dazu zwingen, keine Netzbetten mehr einzusetzen.

Mittagsjournal, 27.5.2014

Gesundheitsministerium könnte sich gegen Netzbetten aussprechen

Die Betten mit dem Stahlgestänge und einem Netz rundherum sind international verpönt. Eingesetzt werden sie noch in Tschechien, der Slowakei, vereinzelt in der Steiermark; aber allein im Otto-Wagner-Spital in Wien gibt es 70 Netzbetten. Fast wie in einem Käfig werden schizophrene, manische, drogenabhängige Patienten eingesperrt.

Oft viel zu lange, kritisiert Volksanwalt Günther Kräuter und zitiert erfreut aus einem aktuellen Schreiben des Gesundheitsministeriums: "Es ist in Aussicht genommen, in einem Erlass an die Landeshauptmänner klarzustellen, dass der Einsatz von Netzbetten in Krankenanstalten mit psychiatrischen Abteilungen der Wahrung der Menschenwürde entgegensteht und diese daher nicht mehr zum Einsatz kommen dürfen." Er appelliere an die Verantwortungsträger, die "nicht besonders ruhmreiche" Geschichte des Einsatzes von Netzbetten endlich zu beenden, so Kräuter.

Fixierung nur in Extremsituationen

Die Wiener Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely hat zuletzt argumentiert, die Ärzte müssen entscheiden, ob sie Netzbetten einsetzen. Und aus den Wiener Spitälern ist immer wieder das Argument gekommen, gäbe es keine Netzbetten, müssten die Ärzte aggressive Patienten öfter direkt am Bett angurten oder ihnen per Infusion höhere Dosen an einschläfernden Medikamenten verabreichen.

Laut Volksanwaltschaft aber sind die Patienten aber meist nur kurz an Bauch und Beinen angegurtet im Bett - der Aufenthalt im Netzbett hingegen dauere oft Stunden oder ziehe sich über Tage. Volksanwalt Kräuter: "Es kommt zu solchen Extremsituationen, wo Menschen um sich schlagen, wo sie sich selbst verletzen, wo sie fixiert werden müssen. Das muss aber mit höchstqualifiziertem Personal und nur für die absolut notwendige Zeit passieren."

Steiermark: Betten kaum mehr im Einsatz

Kräuter plädiert bei der heutigen Volksanwaltschafts-Pressekonferenz für Deeskalation statt Freiheitsbeschränkungen. Für mehr Personal statt Netzbetten und Fixierungen:
"Wenn man Netzbetten im Einsatz hat, dann hat man ja seine Ruhe vonseiten des Personals."

In der Steiermark sind Netzbetten kaum mehr im Einsatz. Die Sigmund-Freud-Klinik in Graz und das Behinderten-Pflegezentrum Kainbach haben die Verwendung nach internationaler Kritik eingestellt.