München: Kusejs "Faust" sorgt für Furore
Martin Kusej gehört zu jenen Regisseuren, die nie einen "Faust" inszenieren wollten - jetzt hat er es doch getan. Sein Haus, das Münchner Residenztheater, sorgt deshalb schon vor der Premiere am 5. Juni für Furore wie lange nicht mehr. Auch, weil die letzte "Faust"-Inszenierung vor knapp 30 Jahren auf der Bühne lief, damals von Dieter Dorn.
8. April 2017, 21:58

Bibiana Beglau als Mephisto und Werner Wölbern als Faust
(c) Thomas Dashuber
Morgenjournal, 5.6.2014
Eigentlich verstehe er selbst nicht, warum da heute sein Faust auf der Bühne steht, das Ereignis des deutschen Theaterfrühsommers. Längst ausverkauft und Gegenstand heißer Diskussionen, dürfte sich heute Abend das Who is Who der deutschsprachigen Bühnen am Max-Joseph-Platz einfinden. Wie bringt ein Martin Kusej Goethes berühmtestes und facettenreichstes Werk der deutschen Klassik auf die Münchner Bühne? In Reimen oder ultramodern, eine wegweisende Inszenierung der Goethe-Rezeption im 21. Jahrhundert?
Mann von heute
"Ich wollte nie einen Faust haben, der ein verhuschter alter Wissenschaftler ist, der noch nie Sex hatte, der sich mit Juristerei, Philosophie und Theologie beschäftigt", so Kusej. "Ich wollte einen Mann in meinem Alter aus der heutigen Zeit und trotzdem den Text untersuchen, ob er noch Gültigkeit hat."
Mit gut dreieinhalb Stunden Kusejs Inszenierung erst einmal keine Steinschen Ausmaße annehmen. "Etliches wird, muss fehlen", meint Kusej bedauernd. Das düstere Bühnenbild von Alexandar Denic auf der Drehbühne - ein Stahlgerüst wie auf einem abgewrackten Fabrikgelände mit Drehkran, Feuerleiter und zwei Ebenen - ergänzt die gestrichenen Passagen.
Service
Residenztheater - Faust
"Hauptdarsteller haben mich bekehrt"
Die Inszenierung von Vorgänger Dieter Dorn habe er damals 1988 noch gesehen, beeinflusst habe sie seinen eigenen Faust aber nicht, betont Kusej. Vielmehr seien seine Hauptdarsteller, die androgyne Bibiana Beglau als weiblicher Mephisto und dem Burgschauspieler Werner Wölbern als Faust Grund für seine Bekehrung zum "Faust"-Regisseur. Vielleicht auch die zierliche Steiermärkerin Andrea Wenzl als Gretchen. Aber Mephisto ist bei ihm ganz klar eine Frau - ein geiler, sehnsüchtiger, wissbegieriger Faust im Kreuzfeuer der Eitelkeiten und Eifersüchteleien.
Das für das jüngere Publikum altertümliche Deutsch, die berühmten Versmaße sind trotz vieler Überlegungen geblieben. Wer damit Probleme hat, dem stellt das Residenztheater auf seiner Webseite den Text zur Verfügung.