Anlässlich der Verleihung am 5. Juni 2014

Dankesrede

Sehr geehrte Mitglieder der Jury, sehr geehrter Herr Dr. Bisovsky, sehr geehrter Herr Generaldirektor, sehr geehrter Herr Radio-Direktor
meine liebe Familie, allen voran meine liebe Tochter Lena, liebe Freundinnen und Freunde, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren,

für mich ist heute, das lässt sich nicht verbergen, ein wirklicher Freudentag. Mit dem Axel-Corti-Preis ausgezeichnet zu werden, ist schon nur durch die Verbindung des eigenen Namens mit jenem jenes originellen, klugen, kreativen Vielbegabten eine Ehre.

Ich danke daher der Jury, dass sie meine Arbeit für auszeichnungswürdig empfunden hat. Ich danke dem Kollegen Herbert Tenschert aus der TV-Promotion-Abteilung, der den kleinen Film über mich gemacht hat. Ich war gespannt, was er aus der Fülle des Materials heraussuchen würde, bin es doch normalerweise ich, die sich wochen- oder monatelang in Archivmaterial vertieft hat, um die Personen, die ich filmisch portraitiert habe, sichtbar zu machen. Das Ergebnis dieser Suche und Darstellung meiner Person war spannend für mich.

Ich danke Herrn Dr. Bisovsky für seine Laudatio, die mich gefreut hat: ich habe nichts dagegen einzuwenden als wesenseigentliche Fragerin dargestellt zu werden. Meine Eltern - mein Vater ist heute hier - haben mir immer erzählt, mein erster Satz (ich war das drittgeborene Kind) sei gewesen: "Ich auch!" Und meine erste Frage: "Warum?"

Diese Liebe zur Frage haben auch meine Kolleginnen und Kollege beim ORF in den letzten 25 Jahren oft genug miterlebt. Manche mochten es und hielten es für eine Grundvoraussetzung journalistischen Arbeitens. So z.B. mein bis heute sehr verehrter erster Chef in der Abteilung Religion Fernsehen und Axel-Corti-Preisträger Peter Pawlowsky, unter dessen Leitung zwei hier heute Ausgezeichnete, Christian Rathner und ich, an der Erfindung der Erfolgssendung "kreuz&quer" mitgewirkt haben.

Oder Peter Huemer, der mich 1999 eingeladen hat, regelmäßig "Im Gespräch" zu moderieren.

Oder meine mindestens ebenso verehrte Chefin und Lebensfreundin Dr. Nora Aschacher, jahrelange Leiterin der Ö1-Wissenschaftssendung "Radiokolleg", welche ich 10 Jahre lang moderiert habe, was mir wiederum ermöglichte, mich gegen eine Bezahlung, die man Gehalt nennt, umfassend weiterzubilden.

Andere mochten diese Leidenschaft zur Frage nicht so gerne. Wer Fragen für Ungehorsam hält, ist nicht weit davon entfernt, Gedanken kontrollieren und Erkenntnis verhindern zu wollen.
Oder - um es mit den Worten Theodor W. Adornos zu sagen:

Es gehört zum Mechanismus der Herrschaft, die Erkenntnis des Leidens, das sie produziert, zu verbieten.

Jene im ORF, deren so gestaltetes Denken und Handeln ich in den letzten 25 Jahren auch erlebt habe, werde ich heute und hier aber nicht namentlich erwähnen. Ich habe sie überdauert.

Im Dezember 2013 wurde ich auf Vorschlag des Radiodirektors Mag. Karl Amon, der heute hier ist - was mich besonders freut -, von Gen.Dir. Dr. Alexander Wrabetz (dem ich fürs Hiersein und seine wunderbaren Worte danken möchte) zur Leiterin der Ö1-Sendung "Im Gespräch" ernannt.
Nun kann ich nach Herzenslust fragend die Welt ergründen.

Porträts

ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz, Preisträgerin Renata Schmidtkunz, ORF-Hörfunkdirektor Karl Amon

(c) ORF / Günther Pichlkostner

Das empfinde ich nicht nur als großes Privileg, sondern auch als Verantwortung. Eine Verantwortung, die allen Journalistinnen und Journalisten gemein ist. Oder sein sollte.

Wir sollen und ich will den Menschen, denen ich begegne und die sich mir in der journalistischen Arbeit anvertrauen, gerecht werden. Das war mein Ziel in meiner 23-jährigen Fernseharbeit als Filmemacherin und Moderatorin, das ist mein Ziel in meiner Radioarbeit. Und so habe ich auch meine Kino-Dokumentation "Das Weiterleben der Ruth Klüger" konzipiert.

Um Menschen gerecht werden zu können, braucht es:

a) Zeit zur Recherche bzw. Wissen und Erfahrung
b) ein offenes Herz
c) einen selbständig denkenden Kopf
d) die Überzeugung, dass Journalismus mehr ist als "only bad news are good news!" und
e) Unabhängigkeit.

Dann passiert im besten Fall, dass
a) Unser Publikum in der Lage ist, sich durch das Dargebotene eine eigene Meinung zu bilden und zu Erkenntnis zu gelangen. Und:
b) Die Interviewten, Portraitierten sich so dargestellt fühlen wie sie sind. Nur wenn wir wissen, was und wie der andere ist, können wir zu einem offenen Diskurs gelangen. Und der wiederum ist eine der Grundvoraussetzungen von Demokratie und Humanität.

Information zu vermitteln und Erkenntnis zu ermöglichen - und das Ganze, wenn möglich, auch noch amüsant, ästhetisch durchdacht und mit Respekt zu tun - ist m.E. das Wesen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und Fernsehen. Es ist ein Medium, das uns als Gesellschaft miteinander ins Gespräch bringt.
In diesem Sinne beziehe ich Stellung, habe ich eine Haltung, mache ich mich gemein mit den Anliegen anderer, trete ich in Beziehung.

Alles andere ist Beschaffung von "content" - und interessiert mich nicht. Auch wenn oder weil "content management" heute an die Stelle von Journalismus treten soll und JournalistInnen zu dumping-Gehältern zu "content managern" - also VerwalterInnen von Inhalten degradiert werden sollen.

Zwei Dinge erachte ich in meinem Leben und in meiner Arbeit als zentral:

Die Liebe und das Lernen.

Beides macht den Menschen erst zum Menschen.
Beides wird erst dadurch möglich, dass man sich zueinander in Beziehung setzt, dass man Fragen stellt mit dem Ziel den, die oder das andere besser kennenzulernen, zu verstehen, zu respektieren, (wenn notwendig) Grenzen zu ziehen, ins Gespräch zu kommen.
Um am Ende das Leben meistern, ihm vielleicht sogar einen Sinn abgewinnen zu können.

Vom griechischen Dramatiker Sophokles stammt der Satz:

"Achtung verdient, wer erfüllt, was er (und ich möchte ergänzen SIE) vermag."

Ich hoffe, dass ich die Achtung, die mir mit diesem Preis gegeben wurde, auch in Zukunft erfüllen kann.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit!