Curating Gameplay

Während in Los Angeles die führenden Entwickler von Computerspielen auf der weltweit größten Games-Messe E3 die neuesten Trends präsentieren, widmet sich das Quartier 21 im Wiener Museumsquartier der Frage, ob denn Computerspiele Kunst seien. "Curating Gameplay" - Computerspiele als Medienkunst heißt die Veranstaltungsreihe.

Was Mitte der 1970er als pixelige Unterhaltung für Jugendliche begann, erreicht mittlerweile ein Millionenpublikum. Vom grobkörnigen Charme der ersten Spielekonsolen ist wenig übrig. Heute locken Videospiele mit virtuellen Welten und dichten Handlungssträngen.

Kulturjournal, 13.06.2014

Blauer Overall, rotes Hemd, ein buschiger Schnurrbart und auf dem Kopf eine rote Kappe: Anfang der 1980er Jahre wird ausgerechnet ein pummeliger italienischer Installateur zum ersten großen Helden der Videospiele-Generation. Über 40 Millionen Mal hat sich "Super Mario Bros" bisher verkauft - ein Klassiker des Genres.

Mit dem eindimensionalen Einsammeln von Sternen haben heutige Computerspiele nichts mehr zu tun. Im vergangenen Jahrzehnt hat sich das Genre emanzipiert. 93 Milliarden Dollar, rund 70 Milliarden Euro, stecken im globalen Computerspielemarkt. Ob das Ganze aber auch Kunst ist, darüber gehen die Lehrmeinungen auseinander. Das kulturelle Establishment rümpft bisweilen seine klassisch geschulte Nase. Und auch wenn Computerspiele heute im Smithsonian ausgestellt werden, den Geruch der seichten Unterhaltung werden die Videogames nicht so schnell los.

Doch die Generation von Stephan Schwingeler, Kurator des Karlsruher Zentrums für Kunst und Medientechnologie, will sich nicht länger rechtfertigen. Videospiele seien nicht mehr bloß große Zerstreuungsmaschinen, moderne Spiele inszenieren Spannungsbögen und entwerfen völlig neue Welten. So werden sie zu provozierenden und teils radikalen, künstlerischen Statements. Videos, so Fürsprecher wie Schwingeler, sind die Synthese aller Kunstformen - Malerei und Illustration, Erzähltechnik und Musik - und durchdringen Kernfragen der menschlichen Kondition. Unsere Gesellschaft, so die These, spiegle sich in Videospielen, sie setze sich in den digitalen Arenen mit sich selbst und der Digitalisierung auseinander.

Die kulturelle Emanzipation ist jedenfalls voll im Gang. Wie Filme, Comics oder Popmusik zuvor, stehen Computerspiele heute an der Schwelle zum etablierten Kulturgut. Da hilft es natürlich, dass die erste Generation, die ihre Kindheit mit Videospielen verbracht hat, gerade an den Schalthebeln des Universitäts- und Museumsbereichs ankommt. Stephan Schwingeler etwa ist 35 und kämpft für die Wertschätzung des künstlerischen Potenzials von Videospielen.

Wie nicht jeder Film-Blockbuster Kunst ist, so ist auch nicht jedes Videospiel künstlerisch wertvoll. Die Möglichkeit aber, mehr als Unterhaltung zu sein, müsse eingeräumt werden, so Schwingeler. Gut möglich also, dass sich die Geschichte wiederholt und Videospielkunst die Filmkunst von morgen ist.