Hollein-Schau im Wiener MAK

Exakt zwei Monate nach seinem Tod möchte das Wiener MAK mit einer großen Ausstellung eine Neubetrachtung des Gesamtwerks von Hans Hollein einleiten. Es sei Zeit, dass sich eine neue Generation das Werk dieses "angewandten Künstlers im umfassenden Sinn" neu erarbeite, sagt MAK-Direktor Christoph Thun-Hohenstein.

Morgenjournal, 25.6.2014

Architekturskizzen und Animationen

Hochhaus-Skizze aus dem Jahr 1958, umgesetzt als SBF Tower, Bürohochhaus, Shenzhen, China, 2009–2014

(c) Hans Hollein & Partner ZT Gmbh / Archiv Hans Hollein

Das Konzept der bis 5. Oktober laufenden Präsentation, die eine ebenfalls von Wilfried Kuehn kuratierte Schau in dem von Hollein entworfenen Museum Abteiberg in Mönchengladbach (bis 28. September geöffnet) ergänzt, ruht auf mehreren Säulen: Einerseits zeigt man großteils noch nie öffentlich gezeigte Materialien aus dem Archiv des im Alter von 80 Jahren verstorbenen österreichischen Architekten, Designers und Ausstellungsgestalters, andererseits hat man die Fotokünstler Aglaia Konrad und Armin Linke eingeladen, Bauten von Hollein fotografisch neu zu dokumentieren.

Museum im Museum

Diese Fotos - die etwa zeigen, wie das 1972 für die Olympischen Spiele München entworfene Leitsystem die Jahrzehnte überdauerte - dominieren den Hauptraum der MAK-Ausstellungshalle. Diese ist ansonsten so umgebaut, dass die Räume nach dem im Museum Abteiberg umgesetzten "Kleeblattprinzip" Holleins angeordnet sind und der Zugang zu je drei Ausstellungsräumen über eine gemeinsame, offene Ecke erfolgt. "Das ermöglicht die Nachvollziehbarkeit der Hollein'schen Raumidee", erläuterte Kuehn das Konzept der "Architekturausstellung, die es ermöglicht, Raum erfahrbar zu machen".

Über alle Grenzen hinweg

"Das Wort Vielfalt ist wichtig bei Hollein", unterstrich Thun-Hohenstein. Die eindrucksvollsten Räume demonstrieren daher, dass der Universalkünstler Hollein zwischen großen und kleinen Aufgaben, zwischen Design und Architektur nicht unterschied. "Vielleicht werde ich in zehn Jahren gar nicht mehr als Architekt arbeiten", sagte Hollein in einem 1969 gestalteten ORF-Porträt, das über einen Monitor flimmert. "Vielleicht wird es in zehn Jahren überhaupt keine Architektur mehr geben."

Breites Oeuvre

Ein Raum ist wie eine Gedächtniskapelle für Holleins Installation bei der Kunstbiennale Venedig 1972 gestaltet, als er den Hoffmann-Pavillon durchbrach, um Blick und Zugang zu einem der Kanäle zu ermöglichen. Ein anderer präsentiert kleine Arbeitsmodelle für die Monte Laa-Porr Türme, Lampenentwürfe für Kohlmarkt und Rathausplatz, einen Couchtisch aus der Umgestaltung des Rathauses Perchtoldsdorf, Entwürfe für Pianofüße eines Bösendorfer-Flügels, ein Fassadenmodell der Richard L. Feigen Gallery in New York und ein Modell des SBF Tower in Shenzhen auf einer gemeinsamen Plattform eindrucksvoll nebeneinander. "Man spürt in jedem einzelnen Element, wie Hollein es ernst gemeint hat mit seiner These 'Alles ist Architektur'", sagte Kuehn, der in seiner Arbeit von MAK-Kuratorin Marlies Wirth unterstützt wurde.

(Ungebaute) Projekte

Ein eigener Raum ist Holleins bekannten Museen gewidmet. Prominent vertreten sind auch die nicht gebauten Projekte, etwa das Museum im Mönchsberg in Salzburg. "Wir konnten ja einiges bauen: das Haas Haus, den Saturn-Tower, eine Volksschule", meinte Thomas Jakoubek, Geschäftsführer der Bauträger Austria Immobilien GmbH (BAI) und Vorstand der Wiener Entwicklungsgesellschaft für den Donauraum AG (WED), die als Hauptsponsoren der Schau fungieren, "leider aber nicht das Guggenheim Museum. Dann hätte es statt des Bilbao-Effekts vielleicht den Wien-Effekt gegeben." Mit einem schlichten Arbeitsmodell ist auch dieses unverwirklichte Projekt für die Donauplatte präsent.

Ausstellungsmacher Hollein

Natürlich sind Holleins bekannte Ausstellungsdesigns wie "Traum und Wirklichkeit" auch ein Thema, eine echte Entdeckung sind aber Holleins Entwürfe für die Eröffnungsausstellung "MANtransFORMS" des Cooper Hewitt National Museum of Design in New York aus 1976. "Er hat ja gern etwas aufgehoben", erzählte Lili Hollein im Gespräch mit der APA schmunzelnd über ihren Vater. Zahllose Zeichnungen belegen etwa die Entwurfsstadien für das Kerzengeschäft Retti, das Hans Holleins Durchbruch bedeutete, mit vielen Architekturzeichnungen aus seiner Anfangszeit würde sich Hollein heute als würdiger Anwärter für den neu geschaffenen "Gustav-Peichl-Preis für Architekturzeichnung" präsentieren. Allerdings vielleicht nicht gerade mit jener witzigen Zeichnung, die die Interpretation des Wolkenkratzers als Phallussymbol explizit nahelegt.

Das Hollein-Archiv soll erhalten, bearbeitet und erforscht werden. "Es gibt bereits mehrere interessierte Institutionen", sagte Lili Hollein. Auch Thun-Hohenstein versicherte, die Ausstellung sei erst der Beginn einer Beschäftigung mit dem Archiv: "Das MAK wird sicher weiter zu Hollein arbeiten."

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