Stabilitätspakt: Was Hollande sich vorstellt

Italien und auch Frankreich fordern eine Lockerung der Regeln beim Defizitabbau, wollen also den Stabilitäspakt aufweichen. Stattdessen solle es eine "Agenda für Wachstum und Wandel in Europa" geben, sagt Frankreichs Präsident Francois Hollande. Was genau stellt er sich darunter vor? ORF-Korrespondentin Katharina Wagner analysiert es im Ö1-Morgenjournal.

Morgenjournal, 26.6.2014

Vorhandene Flexibilität ausnutzen

Francoise Hollande gehe es nicht in erster Linie darum, dass die Regeln des Stabilitätspakts wirklich geändert werden, sagt ORF-Korrespondentin Katharina Wagner in Paris. Er will, dass die Flexibilitäten, die der Pakt jetzt schon bietet, mehr ausgenutzt werden. In erster Linie will Hollande, dass die Staaten, die die von der EU vorgegebenen Defizitgrenze von drei Prozent nicht einhalten können, mehr Zeit bekommen, um ihre Staatsschulden in Griff zu bekommen. Frankreich hat schon 2013 einen Aufschub bekommen, nach derzeitigem Stand der Dinge wird das Land die Defizitgrenze aber auch bis zur neuen Frist 2015 nicht einhalten können, deshalb ist es Hollande wichtig, dass es diesbezüglich mehr Flexibilität gibt.

Unter der "Agenda für Wachstum und Wandel in Europa" stellt sich Hollande wohl ein europäisches Investitionsprogramm, das fünf Jahre lang laufen soll und staatliche wie private Investitionen beinhaltet. Welche Projekte Hollande allerdings konkret im Auge hat, hat er noch nicht geäußert.

Hollande will von Renzis Aufwind profitieren

Italiens Premierminister Matteo Renzi hat Zustimmung zu Hollandes geforderter Lockerung des Stabilitätspakt signalisiert, aus Deutschland gibt es Widerstand. Das sei allerdings nicht so sehr der Widerstand des Landes Deutschland, meint ORF-Korrespondentin Katharina Wagner, sondern mehr ein Widerstand von Angela Merkel. Deutschlands Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) etwa hat schon letzte Woche beim Treffen der sozialistischen Regierungschefs in Paris dafür plädiert, dass es eine Lockerung der Schuldenpolitik für die südlichen Länder geben soll. Hollande, der auf europäischer Ebene durch schlechte Wahlergebnisse geschwächt ist, hofft jetzt in seinem Anliegen vom Aufwind Renzis zu profitieren.

Bei seiner Forderung nach mehr Flexibilität hat Hollande einige Wirtschaftsnobelpreisträger und auch die Chefin des Internationalen Währungsfonds IWF, Christine Lagarde, hinter sich, die meinen, es müsse auch einmal reichen mit der Sparpolitik. Zudem kann sich Hollande darauf berufen, dass Deutschland und Frankreich schon 2004 die Defizitgrenze einmal überschritten haben. Deutschland hat damals unter Schröder die berühmte "Agenda 2000 " umgesetzt und die Zeit für Reformen genutzt. Das habe Frankreich nicht gemacht, meint Katharina Wagner, Hollande wolle das aber jetzt nachholen – mithilfe einer längeren Frist.

Anhaltendes Wirtschaftssterben

Leicht hat es Hollande derzeit sicher nicht: Frankreich sei mit einem anhaltenden Wirtschaftssterben konfrontiert, meint Katharina Wagner, das mache die Situation für Hollande alles andere als einfach. Auch mit Reformen tut er sich schwer: Vor einem Jahr etwa hat er den sehr strengen Kündigungsschutz in Frankreich gelockert und war damals mit starker Kritik konfrontiert. Gerade die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes, für Hollande ein wichtiges Wählerklientel, steigen auf die Barrikaden, wenn es um Reformen geht.