Alain Resnais' letzter Film

Als großer Modernist des Kinos galt der französische Filmemacher Alain Resnais, der im März dieses Jahres im Alter von 91 Jahren gestorben ist. Die große Liebe des Regie-Altmeisters zum Theater zeigt sich besonders in seinen späten Filmen, die auf Bühnenstücken basieren und bewusst theatralisch und artifiziell inszeniert sind. Sein letzter Film "Life of Riley" wurde kurz vor seinem Tod beim Filmfestival Berlinale ausgezeichnet.

Morgenjournal, 1.7.2014

Die Theaterstücke des britischen Autors Alan Ayckbourn haben es Alain Resnais angetan. Mit "Life of Riley" verfilmte der Regisseur zum dritten Mal eine Ayckbourn-Komödie. Bezeichnenderweise nimmt das Theater auch in der Handlung des Films eine wichtige Stellung ein: Mitten in die Proben zu ihrem neuen Stück ereilt eine Gruppe von Laiendarstellern eine schreckliche Nachricht: Ihr alter Freund George Riley ist schwer krank, er hat nur noch wenige Monate zu leben.

Streit um George

Nicht nur Georges bester Freund Jack, sondern gleich drei Frauen geraten ob der schlimmen Nachricht aus der Bahn, denn wie sich herausstellt, hat der lebensfrohe Charmeur auf Damen eine gewisse Anziehungskraft ausgeübt.

Angesichts seines nahen Todes keimen in den drei Freundinnen Kathryn, Tamara und Monica nun alte Erinnerungen wieder auf - sehr zum Leidwesen ihrer biederen Ehemänner -, und obendrein entbrennt zwischen ihnen ein Streit, mit wem George seine letzten Tage verbringen soll.

Fast ausschließlich im Studio gedreht

Liebevoll-überzeichnet erzählt Alain Resnais' letzter Film "Life of Riley", wie das Leben einiger Menschen durch eine tragische Begebenheit kurzzeitig aus den Fugen gerät. Wie fast alle seine Spätwerke hat Resnais den Film fast ausschließlich im Studio gedreht: Die Umgebung ist gemalte Theaterkulisse, absichtlich artifizielle Geräusche untermalen die Dialoge.

Der Regie-Altmeister lässt sein Publikum noch einmal deutlich spüren, dass auch im Kino alles hergestellt sei und keine zufällig eingefangene Wirklichkeit zeige, wie er in einem Interview einmal sagte.

Wie Ayckbourns gleichnamiges Theaterstück spielt auch der Film "Life of Riley" im Norden Englands, die Namen der Charaktere sind englisch. Gleichwohl lässt Resnais ein Ensemble französischer Darsteller auftreten, darunter eng mit ihm verbundene Schauspieler wie André Dussolier und Sabine Azéma, die sich exzellent ins künstliche Setting einfügen.

Preis für neue Perspektiven der Filmkunst

Dass jener George, von dem ständig gesprochen wird, im Film keinen einzigen Auftritt hat, ist ein weiterer Aspekt in Resnais' absurd-komischem Filmtheater und lässt ein wenig an Samuel Becketts "Warten auf Godot" denken. Und doch ist der Todkranke, der es versteht, auch seine letzten Tage noch genussvoll auszukosten, der große Held in der berührenden Komödie.

Bei der heurigen Berlinale erhielt dieser letzte Film des Regie-Altmeisters Alain Resnais den Alfred-Bauer-Preis für neue Perspektiven der Filmkunst - ein Indiz mehr dafür, dass Resnais auch als über 90-Jähriger ein Visionär seines Fachs war.