Urteil im Akademikerball-Prozess

12 Monate Haft, acht davon bedingt auf drei Jahre: Mit diesem Urteil ist gestern der Prozess gegen den deutschen Studenten Josef F. der bei den Demonstrationen rund um den Akademikerball festgenommen worden ist, zu Ende gegangen. Der Schöffensenat sah die Schuld des Angeklagten trotz sehr dünner Beweislage erwiesen und hat ihn wegen versuchter schwerer Körperverletzung wegen schwerer Sachbeschädigung und des umstrittenen Anklagepunkts des Landfriedensbruches verurteilt.

Morgenjournal, 23.7.2014

Äußerst umstrittener Schuldspruch

Nach dem Urteil wird Akademikerball Demonstrant Josef S, gestern nach 6 Monaten Untersuchungshaft auf freien Fuß gesetzt. Seine Mutter ist vom Schuldspruch sichtlich enttäuscht. Die österreichische Justiz habe ihren Sohn von Anfang an für schuldig befunden, sagt sie.

Sachbeweise waren eher Mangelware in diesem umstrittenen Verfahren. Das ist auch dem Richter bewusst. In seiner Urteilsbegründung zum Schuldspruch betont der Richter gestern auch immer wieder, wie glaubwürdig der einzige Belastungszeuge gegen den Studenten, ein Zivilpolizist der zur Beobachtung eingesetzt war gewesen sei. Es gäbe keinen Grund, warum er ihn zu Unrecht beschuldigen sollte, sagt der Richter zum Angeklagten. Dass der Student auf zahlreichen Fotos und Video weder vermummt noch randalierend zu sehen ist, wertet der Richter nicht als entlastend, sondern als beweis, das Josef S mit dem randalierenden Pulk mitgelaufen ist. Dass er weder Journalisten noch anderen Polizisten aufgefallen ist, ist für den Richter logisch, denn diese waren in der Stresssituation auf andere Dinge konzentriert.

Polizei habe schlecht gearbeitet

Unter den Prozessbeobachtern Heinz Parzelt, Generalsekretär von Amnesty International. Für ihn hat der Prozess gezeigt, wie schlecht die Polizei auf kritische Situationen bei Demonstrationen vorbereitet ist: "Wenn es der Polizei wirklich darum geht, Demonstrationsrecht zu schützen – und das muss so sein - heißt das auch schützen vor Randalierern. In der Innenstadt sind schwere Straftaten geschehen, das ist nicht hinnehmbar, das hat nichts mit Meinungsfreiheit oder politischer Artikulation zu tun, hier stimme ich mit Gericht und Staatsanwaltschaft überein. Aber bei einer dermaßen kleinen Gruppe von Randalierern und einer an sich gut ausgerüsteten Polizei, muss es möglich sein, individuelle Verantwortung individueller Täter festzustellen – oder die zumindest erfolgreich vom Rest der Demonstranten zu trennen. Auch das gehört zu Menschenrechtsarbeit der Polizei."

Statt guter Polizeiarbeit wird auf den Paragrafen Landfriedensbruch zurückgegriffen, kritisiert Parzelt. Empörte Reaktionen auf den Schuldspruch gab es von zahlreichen Organisationen die die Akademikerball-Demonstration mitgestaltet hatte. Von ÖH, roten und grünen Jugendorganisationen bis zur Bundesjugendvertretung kritisierten das Urteil als Schlag gegen Meinungsfreiheit und Demonstrationsrecht.