Eine akustische Städtereise auf den Spuren des Jazz

Klingende Skylines

Ob es sie wirklich gibt, die Musikstücke, die dem Hörer, der Hörerin atmosphärisch eine Stadt erschließen und deren spezifisches Flair, ihre Geschichte, ihren vielschichtigen Sound nahebringen?

Skylines

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Die Frage mit Ja zu beantworten würde bedeuten, diesen Sound selbst beschreiben, analysieren und definieren zu können. Einen Klang, der immer ein vielstimmiger ist, sich aus einer großen Anzahl akustischer Szenarien zusammensetzt, so wie eine Stadt in Straßen, Plätzen, Märkten und in Parks immer wieder andere Gesichter zeigt.

Was ein Musikstück indessen sehr wohl vermag: Den Hörer, die Hörerin in sich selbst auf die Reise zu schicken. In die Territorien eigener, persönlicher Erinnerung, in denen die Gerüche, Eindrücke, Emotionen gespeichert sind, die man selbst in einer Stadt empfangen und aufgesogen hat. Der Weg kann allerdings auch in Landschaften der Imagination führen, zu jenen Skizzen, Ahnungen, vielleicht romantisierenden Bildern, die in unserem Kopf von Orten existieren, die wir niemals betreten haben.

In diesem Sinne ist es interessant zu fragen: Was erzählen uns Musikstücke über die Stadt, auf die sie Bezug nehmen? Und was erzählen sie uns über uns selbst?

Welche Bilder entstehen in uns, wenn aus der Musik von Tomasz Stanko das "Hejnal Mariacki" widerhallt, das berühmte Trompetensignal, das Geschichte und akustische Gegenwart der "heimlichen polnischen Hauptstadt" Krakau repräsentiert? Ertönt das "Hejnal Mariacki" doch stündlich vom Nordturm der Krakauer Marienkirche und bricht stets an der Stelle unvermittelt ab, an der - wie die Legende sagt - beim Tatarenangriff von 1241 der ausführende Trompeter von einem Pfeil getroffen wurde.

Oder: Welche Assoziationen löst die Musik des Pianisten Ekkehard Wölk in uns aus, der in einem Stück das quirlige, bunte Treiben am Winterfeldtplatz in Berlin-Schöneberg in Klänge übersetzt? Der nach einem preußischen General benannte Platz beherbergt einen der größten Wochenmärkte Berlins. Jeden Mittwoch und Samstag bietet der sonst recht karge Ort ein Kaleidoskop aus Düften, Geräuschen, Farben. Wobei die Vielfalt des Angebots an Obst und Gemüse, Blumen, Käse, Kräutern, Tee, Fisch, Brot und vielem mehr mit der Buntheit der Menschen korrespondiert: Tourist/innen, Urberliner/innen und Migrant/innen, Beamt/innen und Drag Queens lassen den Markt immer wieder aufs Neue zum Sinnbild des Melting Pots Berlin werden.

Die Wiederaufnahme der "Klingenden Skylines", der im Sommer 2009 erstmals ausgestrahlten Städtereise auf den Spuren des Jazz, bedeutet erneut die Gelegenheit zu einer "doppelten" Expedition. Johann Kneihs und Andreas Felber haben sich wiederum durch Stapel von Cds gehört, Internetseiten durchforstet, mit zahlreichen Musiker/innen und Musikkennerinnen bzw. -kennern korrespondiert - und sich so auf die Suche nach Musikstücken begeben, die sowohl für sich selbst stehen können als auch markante Geschichten über jene Stadt erzählen, von der sie inspiriert wurden.

Während im Rahmen der "Klingenden Skylines" 2009 und 2012 die Erde jeweils einmal umrundet wurde, wird diesmal ein einzelner Kontinent herangezoomt. Fünf europäische Destinationen stehen auf dem Fahrplan: Krakau (3. 8.), Amsterdam (10. 8.), Berlin (17. 8.), Paris (24. 8.) und Wien (31. 8.). Die gefundenen Musikstücke, aus denen naturgemäß unvollständige, aber überraschungsreiche urbane Porträts entstehen, werfen zumeist andere Schlaglichter auf die jeweiligen Städte, als man sie im Zuge klassischer Sightseeing-Touren serviert bekommt. Und machen im Idealfall Lust, die im Kopf entstehenden (Erinnerungs-)Bilder abzugleichen.