Stephan Plecher, Jazzpiano

Stephan Plecher, geboren 1990 in Cham in Deutschland, studiert Jazz-Piano an der Konservatorium Wien Privatuniversität. Zurzeit ist er mit seiner Band, dem "Stephan Plecher Trio" unterwegs.

Stephan Plecher

Geboren: 1990 in Cham, Deutschland

Aktuelles Studium: Jazz-Klavier an der Konservatorium Wien Privatuniversität bei Oliver Kent

Mein größter Erfolg: Jedes mal, wenn Menschen nach dem Konzert ein Leuchten in den Augen haben

(c) FRANZ BAUER

Was ist Kunst?

Kunst ist Freiraum. Freier Raum, Platz für Geist und Seele, aus den festgetretenen Pfaden des Alltags auszubrechen und sich treiben zu lassen. Das Schöne daran ist, dass dies für den Kunstschaffenden gleichermaßen gilt, wie für den Kunstnehmenden, also für den Maler oder Musiker genau so wie für den Betrachter oder Zuhörer. Der Künstler lässt seinem Geist freien Raum, aus dem etwas entsteht, das wiederum in jemand anderem einen Raum öffnet, in dem sich sein eigener Geist verlieren und versenken kann. Dieser Raum sieht dann freilich ganz anders aus, weil wir alle verschieden sind und jeder von uns die gleiche Sache ganz anders wahrnimmt. Dadurch ist Kunst aber eben immer individuell und sehr persönlich. Sie ist für alle da, bewirkt aber bei jedem Menschen etwas Eigenes, Einzigartiges.

Wie sind Sie zur Kunst gekommen?

Ich glaube, man muss nicht zur Kunst kommen, sie ist schon da. Kunst ist überall, in uns und um uns. Der Mensch an sich ist bereits ein Kunstwerk, von allem, was es in der Natur sonst noch so gibt, ganz zu schweigen. Die Kunst braucht nur ein Ventil, um das, was in einem arbeitet und entsteht, nach außen zu tragen. Wäre in meinem Elternhaus nicht zufällig ein Klavier gestanden, an dem ich schon als Kleinkind herumgespielt und ausprobiert habe, wer weiß, ob ich nicht vielleicht Maler, Autor, Koch oder Gärtner geworden wäre.

Kommt Kunst von können, müssen oder wollen?

Teils, teils. In erster Linie ist es für mich ein Müssen, und zwar im positiven Sinne. Also nicht ein Zwang von außen, wie zum Beispiel in der Schule, „du MUSST jetzt etwas kreieren“, sondern ein innerer Drang „ich fühle etwas in mir und ich MUSS es einfach raus lassen“.

Deshalb funktioniert Kunst auch nicht auf Knopfdruck, sondern sie brodelt unterschwellig und tritt nur ab und zu an die Oberfläche. Das bezeichnen wir dann als Inspiration oder kreativen Moment, aber eigentlich ist es schon das Ergebnis eines langen Prozesses, der bereits unterbewusst in uns stattgefunden hat.

Darüberhinaus bedarf es sicherlich eines gewissen (handwerklichen) Könnens, das man sich mit der Zeit aneignet und das einem hilft, die eigene Vorstellung auch in der Realität bestmöglich umzusetzen. Und natürlich muss man auch wollen. Wenn man gerade keine Lust hat, irgendwas zu tun, zu üben, zu komponieren, dann wird auch nichts dabei rauskommen, weil man das Ventil von vornherein verschließt.

Wo würden Sie am liebste auftreten?

Überall, wo sich Menschen über die Musik freuen. Natürlich ist es schön, vor 1000 Leuten zu spielen. Aber wenn es keinen einzigen davon interessiert, was gerade passiert, wird es schnell eine traurige Angelegenheit. Ich trete überall gerne auf, wo man spürt, und man kann das wirklich spüren, dass man mit seiner Musik gerade jemanden berührt und ihm oder ihr etwas Gutes tut. Dafür kann eine einzige Person im Raum schon genügen.

Mit wem würden Sie gerne zusammen arbeiten?

Mit Helge Schneider. Sehr oft wird Musik zu ernsthaft und verkopft betrieben und es wird ein sehr wichtiger Faktor vergessen: der Spaß. Helge Schneider hat für mich eine ganz wunderbare Art, mit Musik umzugehen. Obwohl er ein ausgezeichneter und vielseitiger Instrumentalist ist, versucht er nie, irgendjemandem etwas zu beweisen, sondern spielt mit der Musik wie ein Kind mit einem Ball und freut sich selbst über jeden einzelnen Ton, der dabei entsteht, egal wie schön oder schräg er ist. Und er hat dabei so viel Spaß, dass sich das unweigerlich auf das Publikum überträgt.

Wie viel Markt verträgt die Kunst?

Gerade so viel, dass man als Künstler von der Kunst leben kann, aber sich nicht kaufen lässt. Sobald Geld bzw. Macht in den kreativen Prozess eingreift, wird er zugunsten der Macht verfälscht. Dann entstehen nur noch gelenkte und geformte Arten von Kunst, aber nichts Neues und Freies mehr.

Und wie viel Kunst verträgt der Markt?

Viel. Die Kunst besteht auch ohne den Markt, das zeigen uns Flöten oder Wandzeichnungen, die zigtausende von Jahren alt sind. Aber der (Kunst-)Markt kann nicht ohne die Kunst bestehen. Seit Jahrzehnten werden die Auftrittsmöglichkeiten für Musiker immer weniger, staatliche Orchester oder Bigbands verschwinden, das Internet stellt kostenlose Musik zur Verfügung. Und trotzdem studieren heute so viele junge Menschen Musik wie nie zuvor. Das zeigt, dass die Kunst stärker ist als der Markt und sich immer wieder behauptet.

Je komplizierter und verschachtelter die Welt und somit auch der Markt um die Kunst herum wird, desto vielseitiger und beweglicher muss natürlich auch die Kunst werden, um sich ihren Platz darin zu suchen. Aber das ist so in der Natur, alles unterliegt einer ständigen Entwicklung und Selektion, und da wir alle Teil dieser Natur sind, sind wir auch ständig Teil dieses Prozesses.

Wofür würden Sie Ihr letztes Geld ausgeben?

Für einen Steinway D Flügel und guten Wein.

Wo sehen Sie sich in zehn Jahren?

Hoffentlich immer noch am Klavier sitzend. Ansonsten gibt es nicht wirklich einen bestimmten Weg, den ich anpeile. Musik machen, Kinder haben und möglichst auch noch so viel verdienen, dass ich sie durchfüttern kann. Aber wer weiß. Vor zehn Jahren hätte ich mich sicher noch nicht dort gesehen, wo ich jetzt bin. Das Leben hält immer wieder wunderbare Überraschungen bereit, es kommt nur drauf an, mit ihnen umzugehen. Dann ergibt sich vieles ganz von selbst.

Haben Sie einen Plan B?

Noch nicht. Solange ich körperlich in der Lage dazu bin, werde ich versuchen, von meiner Musik leben zu können. Wenn das mal nicht mehr der Fall ist, wird sich etwas anderes ergeben. Vielleicht werde ich Schriftsteller oder arbeite wieder als Rettungssanitäter... Auf jeden Fall wird alles irgendwie funktionieren. Zu viele Gedanken an den Plan B lenken sehr leicht vom Plan A ab.

Wann und wo sind Sie das letzte Mal unangenehm aufgefallen?

Vor kurzem zu Hause in der Wohnung. Ich hatte mich nachmittags hingelegt, war eingeschlafen und meine Mitbewohnerin kam rein und hat mir völlig belanglose Fragen gestellt. Anscheinend hatte ich im Halbschlaf aber das Gefühl, dass sie mir grundlos irgendwelche Vorwürfe macht und bin sie aus dem Nichts heraus sehr hart angegangen. Nachher konnte ich mich dann nicht mehr daran erinnern und hab mich eine Zeit lang gewundert, wieso sie sauer auf mich ist...

Wollen Sie die Welt verändern?

Oh Gott nein. Wir sind so kleine Menschen auf so einem riesigen Planeten und haben schon genug damit zu tun, unser eigenes kleines Leben irgendwie zu meistern; Da kann keiner ernsthaft erwarten, alleine die große weite Welt zu verändern. Aber jeder von uns kann auf seine Weise dazu beitragen, dass sie ein kleines bisschen schöner und angenehmer wird. Wir sind alle dazu gezwungen, auf diesem einen Planeten gemeinsam unser Leben zu leben. Warum sollen wir es uns dann nicht so schön wie möglich machen? Kunst macht die Welt zum Beispiel schon ein wenig schöner. Ein Lächeln auch. Oder ein Glas Wein und ein gutes Gespräch mit einer lieben Person. Ein paar nette Worte. Und ein Kuss.