Fischler: ÖVP-Obmann niemals vergnügungs-steuer-pflichtig

Franz Fischler war einmal von der ÖVP in die Regierung entsandter Landwirtschaftsminister und er war nahezu 10 Jahre lang als Landwirtschafts-Kommissar das markante Gesicht Österreichs in der EU. Heute ist Franz Fischler Präsident des Forum Alpbach, das kommenden Mittwoch wieder beginnt und bei dem sich in Fischlers Heimat Tirol kluge Köpfe aus ganz Europa Gedanken über die Zukunft des Kontinents machen. Mit vielen Entwicklungen ist Fischler keineswegs einverstanden.

Franz Fischler

(c) APA/GEORG HOCHMUTH

Mittagsjournal, 09.08.2014

Sanktionen: Ausweg Dreiecksgeschäfte

Der langjährige EU-Landwirtschaftskommissar und ÖVP-Politiker Franz Fischler plädiert dafür, zuerst einmal abzuwarten, welche Auswirkungen die russischen Importverbote für die heimische Landwirtschaft tatsächlich haben. Fischler bezweifelt, dass die Verluste in die hunderte Millionen gehen werden. Bevor nach Ausgleichszahlungen aus dem Steuertopf gerufen werde, müsse man sich zunächst anschauen, ob nicht sogenannte Dreiecksgeschäfte einen Ausweg bieten könnten. Das heißt: Österreichische Produkte werden dann ins Ausland exportiert und von dort über eine Firma weiter nach Russland verkauft, sagt Fischler: "Es steht ja jeder Firma frei, zum Beispiel in der Schweiz oder am Balkan aus Österreich Produkte zu kaufen und diese dann nach Russland zu exportieren."

Landwirtschaftminister Andrä Rupprechter fordert ja Hilfen für die österreichischen Bauern aus Brüssel. Fischler plädiert ebenfalls für eine europäische Lösung. Man müsse gemeinsam, d.h. europäisch darüber nachdenken, wie man die Lasten, die aus den russischen Sanktionen entstünden, einigermaßen sinnvoll auf alle verteilt, sagt Fischler.

Kandidaten im Vorfeld abklären

Franz Fischler hatte als EU-Kommissar die volle Unterstützung der ÖVP, anders als heute EU-Kommissar Johannes Hahn, den die ÖVP offenbar vorsätzlich schwächt. "Ich verstehe das auch nicht", sagt Fischler. Seine Rat, nur die Besten nach Brüssel zu schicken, werde derzeit nicht befolgt. Aber er schränkt ein: den Besten wofür. Fischler plädiert dafür, die Nominierung der Personen und die Frage der Portfolios nicht völlig zu trennen. "Vor allem wäre es gut, wenn man schon, bevor man offiziell nominiert, mit dem künftigen Präsidenten Kontakt aufnimmt und mit ihm diskutiert. Dann würde man sich leichter tun in der Einschätzung, wer der optimale Kandidat wäre."

Spindelegger sitzt fest im Sattel

Die sogenannte Westachse innerhalb der ÖVP sieht Fischler zur Zeit nicht als Gefahr für ÖVP-Obmann Michael Spindelegger. "Zur Zeit sitzt der Herr Spindelegger wohl deshalb relativ fest im Sattel, weil sich niemand zur Zeit aufdrängt, der eigentlich seinen Posten gern übernehmen würde."

Die Position seiner Partei zur Steuerreform teilt Fischler nicht. Steuerreform nur dann, wenn wir sie uns leisten können: Diese Position der ÖVP ist für ihn hauptverantwortlich dafür, dass die ÖVP zur Zeit in allen Umfragen nur auf Platz drei liegt. Parteiobmann Michael Spindelegger sei in der Zwickmühle, egal welche Sparmaßnahme er als Finanzminister vorschlage, ÖVP-Wähler würden dadurch immer vergrault: "Ich glaube der Job des Parteiobmanns der ÖVP ist jener Job in Österreich, der niemals vergnügungssteuerpflichtig werden wird, weil man gezwungen ist, zwischen allen Stühlen zu sitzen."

Zu hohe Belastung von Arbeit

Franz Fischler bedauert, dass die ÖVP im Zusammenhang mit der Steuerreform nicht eine klarere Position einnimmt. Er betont, dass er dafür wäre, dass als Erstes dafür gesorgt wird, dass die Gesamtsteuerbelastung in Österreich weniger wird. "Und dann ist es ein Faktum, dass wir mittlerweile eine der höchsten Belastungen der Lohnarbeit haben von ganz Europa und weit über dem Durchschnitt liegen, während wir bei anderen Steuern weit unter dem Durchschnitt liegen. Und da ein besseres Gleichgewicht herzustellen, das kann man vom Prinzip her nur unterstützen."

"Währet den Anfängen"

Der ehemalige EU-Kommissar fordert dringend eine Reaktion der EU auf die jüngsten rechtspopulistischen Ausritte des ungarischen Premierministers Viktor Orban. Dieser hatte vor wenigen Tagen gesagt, der neue Staat in Ungarn sei kein liberaler Staat, Schluss mit den liberalen Demokratien. Fischler bedauert, dass die EU nicht darauf reagiert hat, "weil es da um die Frage geht: Währet den Anfängen." Das hätten die EU-Mitgliedsstaaten nicht verstanden, sagt Fischler.