Flüchtlinge: EU-Hilfe für Italien mit Fragezeichen

Seit der Flüchtlingskatastrophe von Lampedusa im Oktober letzten Jahres mit mehr als 300 Toten patroulliert die italienische Marine verstärkt im Mittelmeer, um ähnliche Tragödien zu verhindern.
Doch die Kosten dafür will Italien nicht mehr alleine tragen und ruft nach Hilfe von der EU. Diese hat die EU-Kommission gestern zugesagt - allerdings noch ohne zu wissen, wie die finanziert werden kann.

Mittagsjournal, 28.8.2014

Nicht mehr als Worthülsen

Die EU-Grenzschutzagentur Frontex muss einspringen. Und weil die mit dem Flüchtlingsansturm im Mittelmeer bisher überfordert war, soll der Einsatz an den Südgrenzen auch gleich einen neuen Namen erhalten. "Frontex Plus" wird "Mare Nostrum" ersetzen - die Operation der italienischen Marine zur Rettung von Flüchtlingen, sagt der italienische Innenminister Angelino Alfano gestern Abend nach einem Besuch in Brüssel: "Heute können wir sagen, dass Frontex Plus bald einsatzfähig sein wird. Es geht schließlich um einen europäischen Notfall. Denn heute stehen die Außengrenzen im Mittelmeer unter Druck, morgen können es schon ganz andere sein."

Frontex Plus ist zunächst nicht viel mehr als eine Worthülle. Zwei laufende Aktionen der EU-Grenzschutzagentur Frontex sollen ab November zusammengelegt und damit effizienter werden. Doch Frontex ist immer nur so stark wie es die EU-Staaten zulassen. Und über die Ausstattung von Frontex Plus muss erst verhandelt werden, sagt EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström: "Es gibt keine europäischen Grenzschützer, Flugzeuge oder Schiffe. Der Erfolg dieser Operation steht und fällt also mit der Beteiligung der Mitgliedstaaten. Und ich erwarte von allen Mitgliedstaaten, dass sie sich beteiligen."

Schwierige Verhandlungen

Frontex koordiniert den Schutz der EU-Außengrenzen. Konkrete Aktionen müssen die Mitgliedsländer beschließen und ausstatten. Das Frontex-Jahresbudget beträgt 80 Millionen Euro. Italien rechnet vor, dass es für Mare Nostrum im Monat neun Millionen Euro ausgibt. Seit Beginn des Einsatzes im vergangenen Oktober hat die Marine laut eigenen Angaben 113.000 Menschen gerettet.

Und trotzdem geht das Sterben im Mittelmeer weiter. Allein seit Ende letzter Woche sind mindestens 300 Flüchtlinge ertrunken - die davon vor der lybischen Küste, nachdem ein seeuntaugliches Boot gekentert ist. Wegen der Kriege im Nahen Osten machen sich immer mehr Menschen auf den Weg. Libyen fällt wegen der Kämpfe zwischen den Milizen für die EU als Partnerland zur Kontrolle der Flüchtlinge aus.

Mit den EU-Staaten dürften dennoch schwierige Verhandlungen über Frontex anstehen. Denn nicht alle sehen die Patrouillen im Mittelmeer nur positiv. Kritiker sagen, dass die Operation verstärkt Flüchtlinge anzieht. Die würden sich in immer schlechteren Booten auf die Überfahrt wagen, in der Hoffnung, von der Marine aufgegriffen zu werden.

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