Türkische Regierung steht
Keine zwei Tage nach seiner Wahl zum neuen türkischen Partei- und Regierungschef hat Ahmet Davutoglu bereits sein Kabinett präsentiert. Und es bringt wenig Überraschungen, aber doch einige Hinweise auf seinen künftigen Kurs.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 30.08.2014
Babacan bleibt Stellvertreter
Obwohl Ahmet Davutoglu den Posten des Regierungschefs seiner Loyalität zu Erdogan verdankt, bekommt er doch auch von Erdogan-kritischen Journalisten einiges an Vorschusslorbeeren. Die ihn näher kennen, schätzen seine Bereitschaft zur Diskussion. Schimpftiraden gegen Andersdenkende sind ihm fremd. Umso gespannter konnte man darauf sein, wie seine neue Regierung aussehen wird. Dass Ali Babacan stellvertretender Regierungschef bleibt und weiter für die türkische Wirtschaft verantwortlich ist, wird im In- und Ausland als positives Signal gewertet. Babacan gilt als Stimme der Vernunft und ist deswegen zuletzt mit Erdogans Beratern in Konflikt geraten. Besonders die Unabhängigkeit der Zentralbank ist ihm ein Anliegen. Und die wird er wohl weiter vertreten.
Erdogans Scharfmacher
Ministerpräsident Davutoglu hätte weder Babacan noch den mit ihm verbündeten Finanzminister nicht im Kabinett halten können, wenn Erdogan nicht zugestimmt hätte. Offenbar macht sich auch der neue Präsident Sorgen um die weitere Entwicklung der türkischen Wirtschaft und will die ausgewiesenen Experten in diesem Bereich nicht durch islamistische Heißsporne ersetzen. Aber den bisher wichtigsten Berater Erdogans musste Davutoglu doch im Kabinett unterbringen, und zwar ebenfalls als stellvertretenden Regierungschef. Yalcin Akdogan hat sich bisher als Scharfmacher profiliert. Er hat die wenigen Pausen zwischen Erdogans Reden genützt, um seinerseits gegen alle vermeintlichen Verschwörer loszuziehen.
Schattenkabinett beim Präsidenten
Der Wechsel des bisherigen Europaministers Cavusoglu ins Außenministerium überrascht niemanden, ebenso wenig wie der Aufstieg des Karrierediplomaten Volkan Bozkir zum Europaminister. Insgesamt nur 4 neue Leute hat Davutoglu in seine Regierung gebracht. Doch diese Regierung wird in Zukunft nicht die einzige sein, wenn man Erdogans Plänen verfolgt. Im Präsidentenpalast will er eine Art Schattenkabinett einrichten. Und dort könnte der jetzige Geheimdienstchef Hakan Fidan eine große Rolle spielen. Er ist einer der engsten Vertrauten des Präsidenten und zugleich auch der Kontaktmann zum inhaftierten PKK-Chef Öcalan. Und die Kurden sind zur Zeit, innenpolitisch wie außenpolitisch, ein wichtiger Machtfaktor: Als Schutzschild gegen die Barbarei der IS im Irak und in Syrien, und zugleich als Bündnispartner für eine neue türkische Verfassung à la Erdogan.