"Arme Schweine": Protest gegen Ferkelkastration

Jedes Jahr werden in Österreich 2,7 Millionen Ferkel qualvoll kastriert. Während der Operation sind die Tiere nicht betäubt. Eine Methode, die von Tierschutzorganisationen und Fachleuten scharf kritisiert wird. Auch eine eigene Tierschutzkampagne "Arme Schweine" macht dagegen mobil.

Mittagsjournal, 8.9.2014

Störender Ebergeruch

Im Jahr isst jeder von uns durchschnittlich 40 Kilogramm Schweinefleisch. Damit das Schnitzel oder das Kotelett auch schmeckt, wird das Ferkel kastriert, so Walter Lederhilger vom Verband österreichischer Schweinebauern. Der nennt als Grund: "Weil mit Eintreten der Geschlechtsreife Hormone produziert werden, die dem Fleisch einen Beigeschmack verursachen können, der sehr unangenehm ist." Daher sei das eine Qualitätssicherungsmaßnahme der Ferkelproduzenten, sagt Lederhilger.

Diesen sogenannten Ebergeruch entwickeln lediglich rund fünf Prozent der ausgewachsenen Schweine. Alle anderen männlichen Tiere seien davon nicht betroffen, sagt Johannes Baumgartner vom Institut für Tierhaltung und Tierschutz an der Veterinärmedizinischen Universität Wien.

"Elektronische Nase" gescheitert

Um das Leid der Tiere zu mindern, verabreichen seit 2011 viele der Betriebe vor der Kastration ein Schmerzmittel, das sei aber bei weitem nicht ausreichend, so Baumgartner: "Mit dem von der Branche jetzt angewendetem Mittel können sie den postoperativen Schmerz für etwa 24 bis 48 Stunden lindern. Was mit diesem Mittel nicht gelingt, ist, das Hauptschmerzereignis auszuschalten." Das heißt, das Ferkel erlebt die Operation bei vollem Bewusstsein.

Alternativen zu dieser Methode gäbe es, wie die sogenannte Ebermast. Hier wird auf die Kastration verzichtet. In Österreich hat man sich aber gegen diese Praxis entschieden. Laut Walter Lederhilger vom Verband österreichscher Schweinebauern sei diese Variante am zukunftsträchtigsten gewesen, "weil geplant war, hier eine elektronische Nase auf den Schlachthöfen zu installieren, die diese Tiere mit Geruchsabweichung relativ schnell und einfach erkennen kann und somit aussortiert. Aber leider Gottes gibt es da nicht wirklich Fortschritte."

Aus für Kastration bis 2018?

Neben der Ebermast gäbe es auch eine andere Option: die Impfung, so Johannes Baumgartner von der Veterinärmedizinischen Universität: "Für die Betriebe, für die es nicht so leicht ist, diese Ebermast umzusetzen, gibt es eine elegante Methode, die Impfung gegen Ebergeruch, wo quasi auf immunologischer Basis durch Bildung von Antikörpern gegen eine Vorsubstanz dieser Hormone diese Tiere kastriert werden." Das wiederrum widerstrebt den Schweinezüchtern. Das Mittel könnte aufgrund seiner hormonähnlichen Wirkung die Konsumenten verunsichern und dem Image des Schweinefleisches schaden, so die Branche.

Dass dem blutigen Kastrieren der Ferkel ein Ende gesetzt werden sollte - darüber herrscht allerdings erstaunlicherweise Einigkeit. Dieses Ziel hat sich auch die Europäische Kommission gesetzt. Sie fordert, dass bis 2018 kein Schwein mehr mit dem Messer - also chirurgisch - kastriert werden sollte.