Mikl-Leitner umgeht Asylwerberstopp

Das Innenministerium umgeht den Bescheid des Landes Niederösterreich und der Bezirkshauptmannschaft, die Zahl der Asylwerber in Traiskirchen zu senken. Dort liegt die Zahl der Asylwerber neuerlich bei rund 1.400. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) meint jedoch, sie habe keine andere Wahl. Auch der Forderung nicht mehr als 150 Asylwerbern pro Quartier unterzubringen, erteilt sie eine Absage.

Mittagsjournal, 10.9.2014

Mikl-Leitner braucht „Quartiere, Quartiere, Quartiere“

Noch vor drei Wochen hat Innenministerin Johanna Mikl-Leitner gesagt, der Traiskirchen-Bescheid werde eingehalten:„Dieser Beschied ist rechtsgültig. An diesen Bescheid haben sich meine Beamten selbstverständlich zu halten.“
Doch nun ist alles anders - und zwar weil täglich 100 bis 130 Asylwerber nach Österreich kommen, sagt die Ministerin. Statt der im Bescheid angestrebten Verringerung der Zahl der betreuten Asylwerber, gab es zuletzt wieder eine Zunahme auf 1400 Asylwerber im Erstaufnahmezentrum Traiskirchen. Laut dem ursprünglich von Landeshauptmann Erwin Pröll verkündeten gewerberechtlichen Bescheid, darf die Betreuungsfirma ORS keine neu ankommenden Asylwerber betreuen. Mitarbeiter des Innenministeriums übernehmen ihre Betreuung, der Bescheid wird so umgangen, räumt auch die ÖVP-Ministerin indirekt ein: „Entscheidend ist, dass wir alle Asylwerber gut versorgen können. Ein Teil wird über ORS versorgt, ein Teil wird von uns versorgt. Mein Ziel ist es in den nächsten Wochen Traiskirchen zu entlasten. Da braucht ich aber Quartiere, Quartiere, Quartiere.“

"Obergrenze als Hauptthema wäre Ironie.“

Was Quartiere, Quartiere, Quartiere betrifft, hat der Traiskirchner Bürgermeister Andreas Babler im Morgenjournal eine Obergrenze von nur 150 Asylwerbern pro Einrichtung gefordert. Mikl-Leitner erteilt ihm derzeit eine Absage: „Das wäre sicherlich begrüßenswert, darüber kann man diskutieren. Aber sicherlich nicht jetzt, wo ganz Europa sich in einer Ausnahmesituation befindet. Jetzt die Obergrenze zum Schwerpunktthema in Asylfragen zu machen, wäre eine Ironie.“

Faymann will Obergrenze prüfen

Bundeskanzler Faymann hingegen will die Obergrenze von 150 Asylwerbern pro Quartier prüfen. Seine Sprecherin dementiert aber eine Aussage von Bürgermeister Babler, wonach Faymann das Thema Asyl zur Chefsache machen wolle. Man werde Mikl-Leitner ihre Kompetenzen nicht wegnehmen, heißt es aus Faymanns Büro. Der Kanzler will sich aber sehr wohl dafür einsetzen, dass die Bundesländer ihre Asylwerberquote zu 100 Prozent erfüllen und nicht zu 88 Prozent, wie das Mikl-Leitner noch vor rund einem Monat gefordert hatte. Die Ministerin sagt jetzt auch: „ Es ist selbstverständlich die Zielsetzung, dass die Bundesländer 100 Prozent erfüllen.“

200 neue Plätze am Semmering

Aufregung herrscht unterdessen auch in der Gemeinde Spital am Semmering. Dort will das Innenministerium 200 zusätzliche Plätze für Asylwerber schaffen, in einem ehemaligen Gewerkschaftsheim. Die Gemeinde protestiert vehement. Mikl-Leitner versucht zu beruhigen: „Momentan ist vorgesehen, dass hier 50 Asylwerber untergebracht werden, mit der Möglichkeit mehr unterzubringen, aber das hängt von der Situation ab. Es sind Flüchtlinge aus den Kriegsgebieten, die flüchten vor dem Dschihad, die flüchten vor dem IS-Terror und denen müssen wir einfach Unterstützung geben.“ Tatsächlich ist die Zahl der Asylwerber aus Syrien heuer gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres um 330 Prozent gestiegen.

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