"A Most Wanted Man": Düstere Geheimdienste
"A Most Wanted Man", zu Deutsch "Marionetten" ist der Titel eines 2008 erschienen Romans von John le Carre. Vor dem Hintergrund der Anschläge vom elften September entwickelt der Spionage-Experte ein düsteres Bild der Geheimdienste. Jetzt wurde der Roman mit Philip Seymour Hoffman in der Hauptrolle verfilmt, es ist der letzte Leinwandauftritt des im Februar an einer Überdosis Drogen verstorbenen Oscar-Preisträgers.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 11.9.2014
Marionettenspiele
Spätestens seit dem NSA-Abhör-Skandal weiß man um das Misstrauen zwischen deutschen und amerikanischen Geheimdiensten. Ein Umstand, der auch im 2008 erschienenen Roman "A Most Wanted Man" des Spionage-Experten John le Carre eine wesentliche Rolle spielt.
Wer ist Issa Karpow? Ist er ein tschetschenischer Flüchtling, der russischen Folterknechten entkommen ist und in Hamburg mit dem Vermögen seines verstorbenen Vaters eine neue Existenz aufbauen will? Oder ist er ein möglicher Sympathisant des islamistischen Terrors, der seine Flucht nur als Tarnung benutzt, um im Geheimen sein Unwesen zu treiben. Jede dieser beiden Seiten hat im Film "A Most Wanted Man" ihre Vertreter: auf der einen eine Menschenrechtsanwältin (Rachel Adams), auf der anderen Günther Bachmann (Philipp Seymour Hoffman), den Leiter einer deutschen geheimen Antiterroreinheit.
Kunstvolle Fassadenkonstruktion
Wie so oft im Agentengenre heizt ein Wettlauf der Geheimdienste die Spannung an. Wer weiß was über wen und wie kann man mehr wissen als der andere? Regisseur Anton Corbijn lässt die Genregewohnheiten immer wieder auch hinter sich, widmet sich konkreten Abläufen, dem nervenaufreibenden Alltagsgeschäft, den Profilierungszwängen im bürokratischen Apparat.
Effektiv konstruiert der Film Fassaden, die halbe Miete im Geschäft mit Täuschung und Manipulation. Schmucklose Büros, schmuddelige Wohnungen oder - je nach Bedarf - exquisite Holzvertäfelungen sind dabei genauso dienlich wie ein ausgewachsener Zynismus oder der Lebensstil eines Underdogs, wie ihn der privat vereinsamte Trinker und Kettenraucher Bachmann pflegt. Während er einen uralten Dienst-Mercedes chauffiert sind seine Konkurrenten mit den neuesten Modellen ausgestattet. Auch so eine Fassade.
Opfer und Täter zugleich
Bachmann ist die letzte Rolle des heuer im Februar verstorbenen Philip Seymour Hoffman, eine jener für ihn typischen Außenseiterfiguren. Noch vor Beendigung der Dreharbeiten hat Hoffman die überaus menschliche Seite dieser Verfilmung hervorgehoben. Und dazu gehört auch das Scheitern, also dass man wirklich gute Absichten hat und dennoch das Gegenteil bewirken kann, dass man Opfer und Täter zugleich sein kann, dass man zur Marionette wider Willen wird. "A Most Wanted Man" ist letztlich eine gekonnt paranoide Verunsicherung auf einem schmalen Grat der Moral.