"600 Mio. - Freunde und Komplizen" im Künstlerhaus

Vor über 150 Jahren wurde die Gesellschaft bildender Künstlerinnen und Künstler in Wien gegründet, mit dem Ziel, die Kunstwelt aus der Abhängigkeit vom Mäzenatentum zu befreien. Im Laufe der Zeit ist der Verein immer neue, sehr wechselvolle Beziehungen mit Politik und Wirtschaft eingegangen. Im Wiener Künstlerhaus, bis heute repräsentativer Sitz der Gesellschaft am Karlsplatz, blickt eine Ausstellung auf die turbulente Vergangenheit und stellt verschiedene Ansätze vor, wie man aus der Perspektive der Kunst auf die zunehmende Ökonomisierung der Gesellschaft antworten kann.

"600 Millionen" lautet der Titel der Schau - jene Schillingsumme, die im Jahr 1996 ein japanischer Investor für das Künstlerhaus geboten hat.

Kulturjournal, 18.09.2014

Wie lässt sich der Wert von Kunst beziffern? Wie jener ein klassizistisches Haus in der Wiener Innenstadt? Im Mittelpunkt der Ausstellung im Künstlerhaus stehen Zahlen. Auf einer großen Schautafel im Hauptraum erfährt man, dass man für die Errichtung des Künstlerhauses bis zum Jahr 1866 insgesamt 563.877 Gulden ausgegeben hat, dass 1983 ein Schnitzel mit Salat im Museumsrestaurant 72 Schilling gekostet hat, oder dass die Künstlerhaus-Galerie für 5000 Schilling einst auch an Mitglieder vermietet wurde.

Generelle Bewertung von Kunst

Ausgehend von dieser "monetären Durchleuchtung" der Geschichte des Künstlerhauses, setzt sich die Schau mit der Bewertung von Kunst ganz generell auseinander. Die Gesellschaft bildender Künstlerinnen und Künstler ist dafür ein besonders interessantes Fallbeispiel, war doch ihr Verhältnis zu Politik und Wirtschaft von kühnen Ideen und Verwerfungen gleichermaßen geprägt. So präsentierten totalitär geführte Staaten während des Kalten Kriegs im Künstlerhaus immer wieder ihre systemkonforme Staatskunst; absolute No-Gos waren auch eine Ofenausstellung aus dem Jahr 1960 sowie zwei Sexmessen.

Zu den kühnen Projekten des Künstlerhauses zählte etwa das Kino, das der Institution in den 1940er-Jahren angefügt wurde und bis heute besteht. Für die Ausstellung hat man einige Formate, die das in Lauf seiner Geschichte angeboten hat, reaktiviert. Etwa die Atelierschau, die ab 1914 stattfand: Mitglieder der Gesellschaft bildender Künstler sollten auch während des Krieges die Möglichkeit haben, ihre Werke zu verkaufen, und öffneten an bestimmten Tagen ihre Ateliers. Als Werbemittel diente ein Katalogführer. Diese Atelierschau wird nun im Herbst wieder abgehalten. Zu sehen gibt es auch eine "permanenten Ausstellung": Dieses Format existierte schon in den Gründungsjahren des Künstlerhauses und diente dazu, neben dem Museumsbetrieb kurzfristig verfügbare Werke auszustellen oder auch zu verkaufen.

Die Schau zeigt auch Interviews der Künstlerhaus-Mitglieder Christian Helbock und Markus Lobner mit aktuellen Kooperationspartnern des Hauses, und es gibt auch einen Blick in die Zukunft: Drei Positionen einer für 2016 geplanten internationalen Ausstellung zum Thema "Freunde und Komplizen" sind schon jetzt zu sehen.

Service

Die Ausstellung "600 Millionen - Freunde und Komplizen" im Wiener Künstlerhaus läuft bis zum 6. Jänner 2014.

Künstlerhaus – 600 Millionen - Freunde und Komplizen

Übersicht