"Zauberflöte" im Festspielhaus St. Pölten

Die Königin der Nacht als Riesenspinne, Papageno auf einem rosa Elefanten reitend: So hat man Wolfgang Amadeus Mozarts Oper "Zauberflöte" wohl noch nie gesehen. Das Festspielhaus Sankt Pölten eröffnet mit der Erfolgsproduktion des britischen Theaterkollektivs 1927 seine neue Spielzeit.

Kulturjournal, 26.09.2014

Wenn Eulen zu Revuegirls werden, während sich Papageno dem Publikum vorstellt, oder Pamina, auf einer Klippe stehend, Schmetterlingsflügel bekommt und in den Nachthimmel entschwebt, dann ist die Zauberoper Realität. Die Kombination aus 2-D und 3-D, aus den real agierenden Sängerinnen und Sängern und den Trickfilmanimationen, die an die Rückwand projiziert werden, macht die Spannung und den großen Reiz dieser "Zauberflöten"-Produktion aus. Das ist die Spezialität der britischen Künstlertruppe 1927, angeführt vom Animationsfilmemacher Paul Barritt und der Regisseurin, Schauspielerin und Tänzerin Suzanne Andrade. Für Andrade sind Liebe und Einsamkeit die zentralen Themen der Zauberflöte. Der Humor des Stücks komme in den meisten Inszenierungen zu kurz - Papageno im Vogelkleid etwa sei kein großer Lacher mehr, und so habe man aus dem Charakter eine Slapstick-Figur gemacht.

Besucherinnen und Besucher der Salzburger Festspiele konnten in den letzten beiden Sommern bereits Bekanntschaft mit Suzanne Andrade und ihrem Team machen. Auch der australische Regisseur Barrie Kosky, Intendant der Komischen Oper Berlin, wurde von der Gruppe 1927 in den Bann geschlagen. Lange Zeit hatte der Regisseur einen großen Bogen um die Zauberflöte gemacht: Diese seltsame Kombination aus dem Kabarett- und Volkstheater des Librettisten Emanuel Schikaneder und der Ernsthaftigkeit von Mozarts Musik mache die Inszenierung zu einer schwierigen Aufgabe. Regisseure stünden meist vor der Entscheidung, ob sie aus der Zauberflöte eine Kinder- oder Erwachsenenoper machen. Mit 1927 sei ihm nun eine Arbeit gelungen, die alle Altersgruppen anspreche - der sogenannte "Simpsons-Effekt", wie Barrie Kosky sagt. Obwohl die Geschichte weitgehend bekannt sei, bleibe die Spannung aufrecht.

Für die Sängerinnen und Sänger ist diese multimediale "Zauberflöte" eine Herausforderung. Nicht nur musikalisch, auch in den Bewegungsabläufen ist exaktes Timing gefragt, jede Bewegung ist genau auf die Trickfilmanimationen im Hintergrund abgestimmt. Pamina-Darstellerin Brigitte Geller ließ sich, zusammen mit dem Rest des Ensembles, von der Tänzerin Suzanne Andrade zeigen, wie man am besten mit den Animationen interagiert. Die Gestaltungsfreiheit auf der Bühne sei jedenfalls eingeschränkt, so die Schweizer Sopranistin. Denn die Rezitative werden in dieser Zauberflöte als Text an die Wand projiziert, ganz in der Ästhetik der 20er-Jahre-Stummfilme.

Mit zwei Aufführungen der Erfolgsproduktion eröffnet das Festspielhaus Sankt Pölten nun seine neue Saison. Zu erleben sind bei diesem Gastspiel auch das Tonkünster Orchester Niederösterreich unter der Leitung von Kristiina Poska und der Arnold Schoenberg Chor.

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