Abbas wirft Israel Völkermord vor

Palästinenserpräsident Mahmud Abbas hat Israel vor der UNO schwere Kriegsverbrechen im Gaza-Streifen vorgeworfen. Die Zerstörungen durch die jüngsten Luftangriffe seien ohne Beispiel, sagte Abbas vor der UN-Generalversammlung. Weitere Verhandlungen über ein dauerhaftes Nahost-Friedensabkommen will er davon abhängig machen, dass ein fester Zeitplan zur Räumung der besetzten palästinensischen Gebiete festgelegt wird.

Morgenjournal, 27. September 2014

Unabhängiger Staat Palästina als Ziel

Palästinensische Diplomaten und Politiker haben vor dem Auftritt ihres Präsidenten vor den Vereinten Nationen viel Wind gemacht. Von einer neuen Phase ihres Kampfes für einen eigenen Staat war die Rede, sinngemäß von einem Ultimatum an Israel und die USA. Und rechtzeitig gaben sie den nächsten Schritt bekannt, mit dem die innerpalästinensische Rivalität zwischen der Fatah im Westjordanland und der Hamas im Gazastreifen beendet werden soll. Teilweise erfüllt Mahmud Abbas die Erwartungen.

Verhandlungen wie bisher seien sinnlos und ohne Wert, wenn das Ziel nicht klar vereinbart ist, sagt Abbas in seiner Rede vor der Generalsversammlung. Dieses Ziel sei das Ende der israelischen Besatzung, ein unabhängiger Staat Palästina mit Ostjerusalem als Hauptstadt auf dem gesamten palästinensischen Territorium, das 1967 besetzt worden ist. Abbas räumt jedoch ein, es wäre sinnlos zu verhandeln, wenn das Ziel nicht mit einem festen Zeitplan verbunden ist.

Abbas im Zwiespalt

Vor dem Auftritt war spekuliert worden, Abbas selbst würde eine Frist von drei Jahren setzen. Vielleicht auch eine Resolution in Umlauf und vor den Sicherheitsrat bringen, die den Druck erhöhen könnte. Doch darauf hat der Palästinenserpräsident vorerst verzichtet. Derzeit heißt es, eine Resolution werde vorbereitet, von einer festen Frist ist zumindest im Moment noch nichts zu hören. Auch davon nichts, Israel wegen des jüngsten Krieges im Gazastreifen vor den Internationalen Gerichtshof zu zerren. Der Palästinenserpräsident hat Israel wegen der Luftangriffe heftig angegriffen, sogar von einer Art Völkermord gesprochen, konkrete diplomatische und rechtliche Schritte aber nicht erwähnt. Abbas steht selber unter Druck. Er muss einerseits auf die eigenen Leute Rücksicht nehmen, die seit Jahren von einem Staat Palästina hören, aber immer nur israelische Soldaten und Siedler sehen. Andererseits versuchen ihn die USA zu bremsen. Anmerken lassen wollte er sich das gestern vor der UNO nicht. Am Ende seiner Rede beschreibt er das Ziel: die Besatzung müsse enden und sein Volk jetzt befreit werden! Die Stunde der Unabhängigkeit Palästinas sei gekommen.

Doch vor sich hat Mahmud Abbas dieselben bekannten Schwierigkeiten. Im Inneren die Hamas, außen Israel. Im nächsten Monat soll über die Einzelheiten verhandelt werden, mit denen der Waffenstillstand dauerhaft gemacht wird. Der Gazastreifen muss wieder aufgebaut werden. Aber ein unabhängiges Palästina und ein Frieden mit Israel, dieses Ziel ist bisher nicht näher gerückt.

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