Auslandskurden extrem besorgt

Völlig verzweifelt angesichts der Situation der Kurden im Norden Syriens sind auch die Kurden, die in Österreich leben - viele von ihnen kommen von dort, haben Familie und Freunde im Kriegsgebiet. In der Nacht auf heute haben Kurden in London und Berlin, in Dänemark und Schweden und auch in Wien demonstriert. Zur Demonstration sind auch der SPÖ-Klubobmann im Nationalrat, Andreas Schieder, und die kurdisch-stämmige Grün-Abgeordnete Berivan Aslan gekommen.

Mittagsjournal, 7.10.2014

"Verständliche Wut"

Seit Montag sind einige Kurdinnen und Kurden im Hungerstreik und protestieren vor der UNO-City in Wien. Erst die Ring-Blockade in der Nacht auf heute hat ihnen die erhoffte größere Aufmerksamkeit gebracht. Berivan Aslan, Tiroler Grün-Abgeordnete und Vize-Präsidentin der Kurdologie-Gesellschaft, sagt über die Stimmung: "Die kurdische Community hat den Punkt erreicht, dass sie sagt, was sollen wir noch machen, dass uns die Politik uns hört. Ich verstehe diese Wut auch gegen diese Teilnahmslosigkeit, wo die ganze Menschheit zusieht, wie sich ein Völkermord entwickelt", so Aslan. "Gestern waren Menschen auf der Straße, die ihre Familie in Kobane hatten. Ein paar von ihnen haben schon ihre Familien verloren."

Dass Österreich militärisch keinen Beitrag leisten kann, ist der kurdisch-türkischen Abgeordneten klar. Aber bisher sei in Regierung und Parlament fast nur über Dschihadisten aus Österreich debattiert worden, nicht über die kurdischen Opfer. Dabei wäre auch nur ein Aufruf zur Solidarität ein Trost für die Menschen, so Aslan, die an Außenminister und Bundeskanzler appelliert. Schließlich sei IS, der sogenannte islamische Staat, gegen den Westen angetreten. Die PKK-nahen kurdischen Volksbefreiungseinheiten kämpften also im Grunde für den Westen, sagt Aslan. Doch die Bombenangriffe scheinen nichts auszurichten, und die Abgeordnete kritisiert, dass die kurdischen Kämpfer keine Affen bekämen und im Stich gelassen würden.

Gefährliche Passivität der Türkei

Entsetzt zeigt sich die Grün-Abgeordnete über Berichte, wonach zuletzt die türkische Grenze bei Kobane für Flüchtlinge gesperrt worden sei und IS-Terroristen von dort durchgelassen worden seien. Es gebe in der Türkei sogar Privatkliniken für IS-Terroristen. Aslan: "Ich verstehe nicht, warum die Türkei den Friedensprozess riskiert hat, mit ihrer Passivität." Und Berivan Aslan befürchtet: "Wenn Kobane dann wirklich fällt, dann haben wir einen Riesenaufstand in der Türkei, der sich in einen Bürgerkrieg wandelt - zwischen Türken und Kurden und auch den Minderheiten, Assyrer, Armenier. Das wird eine Welle von Aufständen sein, das ist meine Befürchtung."

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