Bosnien-Wahl: Partei für alle Volksgruppen
In einer Woche finden in Bosnien-Herzegowina Wahlen statt. Nahezu unüberschaubar sind die Parteien: 73 Gruppierungen mit fast 8.000 Kandidaten stehen zur Wahl. Den meisten von ihnen ist gemeinsam, dass sie in erste Linie ihre ethnische Gruppe vertreten, also die Serben, Kroaten oder Bosniaken. Aber es gibt auch Versuche, diese ethnischen Grenzziehungen zu überwinden.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 8.10.2014
Antwort auf ökonomische Bedürfnisse
"Um die wirklichen Probleme der Menschen hier hat sich von den Politikern bisher nie jemand gekümmert. Diese Probleme betreffen aber alle Volksgruppen hier: Arbeitslos bist du, egal ob du Serbe Kroate oder Bosniake oder sonst wer hier bist. 50 Prozent beträgt die Arbeitslosenrate, unter den Jugendlichen liegt sie bei fast 70 Prozent - und darüber wurde hier nie öffentlich diskutiert, eine Schande", sagt Edin Forto.
"Mit der Protestbewegung im Frühjahr hat sich das aber geändert. Das war eine echte politische Aufbruchsstimmung hier", sagt Edin Forto. Damals gingen zehntausende in Sarajewo und anderen bosnischen Städten auf die Straße, und zwar gemeinsam, über ethnische Grenzen hinweg, um gegen Misswirtschaft und die Korruption, die eben alle hier im Land betreffen, aufzubegehren. "Die Proteste, die alle nichtethnisch waren, haben gezeigt, dass die Politiker keine Antwort haben auf die ökonomischen Bedürfnisse der Menschen. Es war ein Protest Arm gegen Reich, gegen ein System, das nicht für die Menschen da ist. Und plötzlich änderte sich über Nacht die öffentliche Diskussion, plötzlich redete man nicht mehr über die Volksgruppen, sondern über die Privilegien der Politikerkaste, ihre enormen Gehälter und so weiter."
Zusammenarbeit gescheitert
Doch leider sei von dieser Aufbruchsstimmung nicht mehr viel da, sagt Edin Forto. Die alteingesessene Politikerkaste hätten es wieder geschafft, neuerlich die ethnische Karte zu ziehen, Ängste zwischen den Volksgruppen würden wieder geschürt, je näher die Wahlen rücken. Trotzdem hofft seine Partei bei den Wahlen dazugewinnen zu können, zumindest in jenen Städten, wo die Protestbewegung sehr stark war, in Sarajewo, Tuzla und Zenica. Landesweit fällt seine Partei aber nicht ins Gewicht. Versuche der Zusammenarbeit mit dem serbischen Landesteil hat es schon gegeben, bisher aber nur mit geringem Erfolg: "Vor vier Jahren hatten wir ein Wahlbündnis mit einer Partei in der Republika Srpska. Das war überhaupt das erste Mal, seit der Unabhängigkeit, dass zwei Parteien, eine in Sarajewo und eine im serbischen Teil, zusammenarbeiteten. Für uns war es wichtig, damit ein politisches Zeichen zu setzen. Doch wir mussten aufgeben. Unsere lokalen Parteigruppen dort in der Republika srpska wurden bedroht, eingeschüchtert. Das Regime von Präsident Dodik in der Republika srpska - und ich nenne es bewusst "Regime" – ist autoritär, unterbindet alles, was ihm nicht passt. Und wir, wir waren zu schwach, um diesem Druck standzuhalten. Aber", meint Edin Forto, "wenn wir bei den Wahlen am 12. Oktober erfolgreich sind, dann wollen wir einen neuen Versuche der Zusammenarbeit starten".